Dvořák greift in Rusalka unter anderem auf das Märchen Die kleine Meerjungfrau von Hans Christian Andersen zurück und integriert dabei ein für eine Oper explosives Handlungselement, das Andersens Märchen von den unzähligen Nixengeschichten unterscheidet und so tief traurig und aufwühlend macht: Um ein beseelter Mensch unter Menschen zu werden, muss die Kleine Meerjungfrau ihre Stimme opfern.
Bei der Entwicklung der Adaption unter dem Titel „Nixe“ spielte das Thema Stimmverlust eine entscheidende Rolle: Die Frage nach dem Scheitern der Beziehung zwischen dem Liebespaar Prinz und Meerjungfrau und nach einem mögli-chen Ausweg aus heutiger Sicht führten zu einer Jugendoper über Identität und Erwachsenwerden zwischen allen Welten, über Liebe und ihre Konfrontation mit dem Alltag und gegenseitigen Erwartungen sowie das Verlieren und Wiederfinden der eigenen Seele.
Den Warnungen des Wassermanns zum Trotz wünscht sich die Nixe Rusalka nichts sehnlicher, das Wasser zu verlassen und als Mensch unter den Menschen zu leben. Sie sucht Hilfe bei Hexe Jezibaba. Doch der Preis ist hoch, der Zauber zugleich ein Fluch: Rusalka muss ihre Stimme opfern. Und erst die Liebe eines Mannes verleiht ihr eine Seele. Verrät der Traumprinz sie, sind beide für immer verloren. Rusalka gelingt es, den Prinzen zu bezaubern, doch es gibt keine Sprache zwischen den beiden: Nixe und Prinz bleiben sich fremd, Liebe und Menschsein scheitern. Rusalka kann nicht mehr zurück, so sehr sich der Wassermann und die Schwestern auch nach ihr sehnen. Jezibabas Angebot, sich das Leben durch den Mord am Prinzen zu erkaufen, lehnt die Nixe ab. Weil die Liebenden nicht miteinander leben können, bliebe ihnen nur der Tod.
Meerjungfrauengeschichten gebe es seit Jahrhunderten und sie würden immer wieder auf die gleiche, ungelöste Wei-se zwischen den Geschlechtern enden, sagt Regisseurin Barbara Tacchini zu ihrem Konzept: „Das geht irgendwie im-mer schief. Ich glaube, die Rettung liegt darin zu erkennen, dass man nicht einem anderen aufbürden kann, einen zu retten, dass man stark und ganz sein kann ohne zu jagen oder sich im andern auflösen zu wollen. Die Frage ist auch, welche Einsichten und Weisheiten zwischen den Generationen weitergegeben werden können.“
Mit der Oper Nixe für Menschen ab 10 Jahren findet zum ersten Mal eine Koproduktion der Jungen Oper Stuttgart mit dem Landesjugendorchester Baden-Württemberg – dem Patenorchester des Staatsorchesters Stuttgart – statt. Weiterer Kooperationspartner ist das Forum am Schlosspark in Ludwigsburg, wo am 16. April 2015 die Uraufführung der Oper sowie weitere vier Vorstellungen bis zum 25. April 2015 stattfinden werden. Regie bei Nixe führt die Leiterin der Jungen Oper Stuttgart, Barbara Tacchini, es dirigiert Till Drömann. Die Bühne entwirft Jelena Nagorni, die Kostüme Mascha Schubert. Der Videokünstler Stephan Komitsch vom Videodesign-Verbund impulskontrolle, das bereits bei der Junge-Opern-Produktion stop listening, start screaming in der Spielzeit 2013/14 für die Videos verantwortlich war, kreiert die Videoinstallationen.
Die Rolle der Rusalka singen die norwegische Sopranistin Kristi Anna Isene und die Südkoreanerin Minyoung Cathari-na Lee. Der Prinz, eine kombinierte Schauspiel- und Sprechrolle, wird verkörpert vom jungen deutschen Tenor Philipp Nicklaus, Jezibaba von der Mezzosopranistin Renée Morloc und der Wassermann vom Bass David Steffens.
Live-Video wird in Nixe eine wichtige Rolle spielen, so Tacchini weiter: „Ich habe mich sehr früh entschlossen, mit Live-Videos zu arbeiten. In ihnen schaffen sich die Figuren ihre eigene Welt, in der sie sich dann befinden, unbewusst oft, unabsichtlich. Wonach sich die Figuren sehnen, das stellen sie auch selbst her. Sie haben es im Kopf und projizieren es auf den Gegenstand.“
Oper ab 10 Jahren
Text: Jaroslav Kvapil / Tim Staffel
Musikalische Leitung Till Drömann
Regie Barbara Tacchini
Bühne Jelena Nagorni
Video Stephan Komitsch - Impulskontrolle
Kostüme Mascha Schubert
Dramaturgie Koen Bollen
Rusalka Kristi Anna Isene, Minyoung Catharina Lee
Prinz Philipp Nicklaus
Jezibaba Renée Morloc
Wassermann David Steffens
Erste Nixe Jeanne Seguin
Zweite Nixe Maria Palaska
Dritte Nixe Minou Simon
Mit: Projektchor der Jungen Oper, Landesjugendorchester Baden-Württemberg
Koproduktion mit dem Landesjugendorchester Baden-Württemberg (Patenorchester des Staatsor-chesters Stuttgart) und dem Forum am Schlosspark, Ludwigsburg
Weitere Vorstellungen am 17., 22., 23. und 25 April 2015