Als Deserteur fand er Zuflucht bei dem Fotografen Raimund Wazurak und wurde von der Miederwarenfabrikantin Vittoria Pisani gedeckt. Verkleidet als ihr Dienstmädchen, mit Namen Charlotte Weber, und als ihr geheimer Liebhaber war er vor der Bestrafung durch die Armee sicher. In den entscheidenden Tagen am Kriegsende musste er sich der amourösen Attacken des SS-Majors Lubits erwehren und zwang ihn zur Kapitulation. Womit der Ort zwar vor der Zerstörung gerettet war, Felix aber bei der Roten Armee angeschwärzt und in ein russisches Kriegsgefangenenlager deportiert wurde.
Nun soll er den Fotoladen seines Freundes Raimund übernehmen, ein ordentliches Mitglied der Dorfgemeinschaft soll und will er werden. Die Verträge sind vorbereitet, die alten Geschichten sollen ruhen, es ist gerade Faschingszeit. Doch während der Festivitäten öffnen sich alte Wunden, Vorurteile und Vorbehalte tauchen erneut auf, Abneigung und Demütigung kehren wieder und steigern sich in einer hasserfüllten Eskalation in der Turnhalle während der Wahl zum schönsten Kostüm — als zynische Erinnerung an seine Heldentat von einst wird Felix, erneut als Charlotte Weber verkleidet, zur Faschingsprinzessin gewählt —, bis Vittoria eingreift und ihn wieder rettet.
Gerhard Fritsch legt mit „Fasching“ den Finger in die Ur-Nachkriegswunde aller Nazis und Mitläufer, deren Wandel zu aufrechten Demokraten er als fratzenhafte, lächerliche und dürftige Travestie entlarvt, durch die weiter die vorher grassierende Ideologie scheint und dumpf glüht. Mit überbordender sprachlicher Gewalt entwirft er ein zeitloses, dialektisches Modell von Tätern und Opfern, von Widerstand und Anpassung, von Herren und Knechten, von Rettung und Demütigung.
Die Uraufführung auf der Hinterbühne wird von Regisseurin Eva Lange inszeniert. Ihr Plot: Felix Golub, der Deserteur, am Kriegsende versteckt und zum Dienstmädchen gemacht, rettet den Ort vor der Zerstörung. Als Erinnerung an seine „Heldentat“ von einst wird er nach seiner Heimkehr aus dem Lager zur Faschingsprinzessin gewählt. Ein zeitloses Modell von Tätern und Opfern.
In ihrer Inszenierung sucht Regisseurin Eva Lange den Punkt, an dem das Verhalten von Menschen Außenseitern gegenüber „kippt“. Regisseurin Eva Lange: „Nicht gleich landet man in einem Gefängnis, jedenfalls nicht in Deutschland, aber in anderen Ländern wird man immer noch umgebracht, wenn man anders ist. Auch deshalb finde ich den Stoff so aktuell wie eh und je, leider.“
Fasching von Gerhard Fritsch | Für die Bühne bearbeitet von Eva Lange und Matthias Huber
Regie: Eva Lange;
Bühne und Kostüme: Carolin Mittler;
Musik: Katharina Hoffmann;
Dramaturgie: Matthias Huber
Mit: Henriette Cejpek, Klara Deutschmann, Tilo Krügel, Sina Martens, Hartmut Neuber, Mathis Reinhardt, Annett Sawallisch; Musiker: Sebastian Taubert, Julia Nagel, Michael Förster, Manfred Beckers;
Statisterie
Nächste Aufführungen: 9./14./30. Mai, jeweils 19.30 Uhr