Seine Dichter-Karriere gründet Neimann auf der konsequenten Einnahme stimulierender Mittel und als er nachts während einer Feier singend aus dem Fenster stürzt, ist es allein der Ausnahmequalität seines Rausches zu verdanken, dass er den Sturz unbeschadet überlebt. Doch die Konsequenzen sind dramatisch: Er darf nie wieder Drogen konsumieren. In seiner Not begibt Neimann sich ins Universalhilfe-Institut der vielgesichtigen Thalia Fresluder und damit geradewegs in ein transdimensionales Abenteuer: mit Mona Zwanzig, dem Ex-Kinderstar, Vesica Güterbock, der geschassten Agentin des Innenministeriums, mit Papst Probstenloch, dem Erfinder des Prälatengummis, mit gestörten Ganghofer-Wesen und dubiosen Doppelgänger-Puppen.
„Bei seinen Reisen durch Zeit und Raum setzt Neimann seine zunehmend fragwürdigere Existenz ernstlich aufs Spiel und riskiert am Ende gar den gefürchteten Universums-Stulp“, so der Lektor Heiko Arntz. Mit dieser rasanten Handlung fesselte der Wuppertaler Autor und Zeichner Eugen Egner bereits 1993 die Leser seines Romans „Der Universums-Stulp“. Gemeinsam mit dem Berliner Komponisten
Stephan Winkler adaptiert er diesen nun im Auftrag der Wuppertaler Bühnen zu einer „musikalischen
Bildgeschichte in drei Heften“. Mit einer neuartigen Integration von Comic, Zeichentrick, Theater und
Gesang läuten Egner und Winkler das Zeitalter der Graphic Novel auf der Musiktheaterbühne ein. Die
Verschränkung unterschiedlicher Medien und Bildebenen findet auch in Winklers Musik ihre Fortsetzung, in der Sänger und die Musiker des Ensemble musikFabrik auf vielfache Weise mit live gespieltem und voraufgenommenem Material in Dialog treten. „Die Verwischung der Grenzen zwischen natürlich und synthetisch und die dadurch entstehenden Verwirrungen in der Wahrnehmung“ führen geradewegs zum unabschliessbaren Thema der Identität, „der eigenen ebenso wie der jedes Gegenübers und die Schwierigkeiten der Kommunikation des Ichs mit einer Außenwelt, die ihm in absonderlichsten und unerwartetsten Formen entgegentritt“, so Stephan Winkler.
„Anstelle der Ausbreitung und psychologischen Ausleuchtung einer mehr oder weniger tragischen
Figurenkonstellation wird das Publikum in einen wilden Strudel sich überstürzender Ereignisse
gezogen“, versprechen die Autoren, „eine immer abenteuerlicher und alptraumhafter werdende Folge
überraschender Wendungen, die über den Zuschauer auf ähnlich kafkaeske Weise hereinbricht, wie
über den Protagonisten Traugott Neimann selbst.“ (Patrick Hahn für das Saisonheft Ensemble musikFabrik)
Der Autor und Zeichner Eugen Egner (*1951) gilt wegen seiner äußerst eigenwilligen Geschichten und Bilder als bedeutendster lebender Vertreter der Groteske im deutschsprachigen Raum. 2003 erhielt er den renommierten Kasseler Literaturpreis für Grotesken Humor. Er hat bis heute zwei Romane und mehrere Bände mit größtenteils zur Phantastischen Literatur gehörenden Erzählungen sowie vorwiegend seltsam-komischer Kurzprosa veröffentlicht. Für den WDR schrieb er bis jetzt acht Hörspiele, die sich einiger Beliebtheit erfreuen. Seit über zehn Jahren ist Egner außerdem Kolumnist zweier großer Tageszeitungen. Seine Cartoons und Comics erscheinen hauptsächlich in der Satirezeitschrift "Titanic" (seit 1989) und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. 2011 wurde ihm der hochangesehene "Bernd-Pfarr-Sonderpreis für komische Kunst" verliehen. Manchmal spielt er auch Elektrische Gitarre. Den Titel für seinen ersten Roman "Der Universums-Stulp" sowie viele darin enthaltene Namen und Motive entnahm der Autor der berühmten "Prinzhorn-Sammlung".
Der Komponist Stephan Winkler (*1967) schrieb bislang vier Werke für großes Orchester, etliche
Kammermusiken in meist ungewöhnlichen Besetzungen und elektronische Musik. 1998 veröffentlichte er mit Max Goldt eine CD mit seltsamen Liedern. Viele seiner Werke beziehen elektroakustische und visuelle Medien mit ein. In Vorbereitung auf die musikalische Bildergeschichte »Der Universums-Stulp« entstanden bereits vier weitere Kompositionen zu Egnerschen Arbeiten. Das musikalisch Besondere an diesem Musiktheaterwerk besteht vor allem darin, dass alles Gesungene auf der präzisen Transkription gesprochener Sprache beruht, was in einer besonderen Form des Singens resultiert, die nur wenig an klassischen Operngesang erinnert. Die instrumentalen Partien werden durch das herausragende Solistenensemble musikFabrik dargeboten, welche nicht nur exzellente Spezialisten auf konventionellen Instrumenten sind, sondern auch mit einzigartigen Sonderinstrumenten zu hören sein werden.
Libretto: Eugen Egner, Stephan Winkler, Thierry Bruehl
Musikalische Leitung: Peter Rundel
Inszenierung: Thierry Bruehl
Bühne: Bart Wigger
Kostüme: Wiebke Schlüter
Filme: Phillip Bruehl
Klangregisseur: Paul Jeukendrup
Dramaturgie: Johannes Blum
Mit: Olaf Haye, Andreas Jankowitsch, Uta Christina Georg, Michaela Mehring , Hendrik Vogt,
Dorothea Brandt, Annika Boos, Joslyn Rechter, Christian Sturm, Martin Ohu, Katharina Greiß
Statisterie der Wuppertaler Bühnen
Es spielt: Ensemble musikFabrik
weitere Vorstellungen: 09. / 13. und 15. Februar sowie am 07. und 30. März 2014