Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Uraufführung: "Fischer Fritz" von Raphaela Bardutzky - Schauspiel LeipzigUraufführung: "Fischer Fritz" von Raphaela Bardutzky - Schauspiel LeipzigUraufführung: "Fischer...

Uraufführung: "Fischer Fritz" von Raphaela Bardutzky - Schauspiel Leipzig

Premiere Donnerstag, 27.10.2022, 20 Uhr in der Diskothek

Fischer Fritz fischt keine Fische mehr. Er hatte einen Schlaganfall. Damit ist die Tradition gerissen, es gibt nun keinen Fischer mehr am kleinen Fluss im kleinen Dorf. Denn auch Fritz’ Sohn Franz fischt nurmehr noch als Hobby, er ist in die große Stadt gezogen. Aber ob es eh noch viele Fische gibt, da kann man sich auch nicht sicher sein.

 

Copyright: Rolf Arnold

Unsicher ist auch, wie es nun mit Fritz weitergehen soll in seinem Zustand. Sprechen ist schwierig, und schon aus Protest hat er sich jetzt aufs Schweigen verlegt. Aber sein Denken ist klar: „Gar nix gehd weida“, denkt der Fritz, „i bin a Wrack.“ Ein Heim kommt für ihn trotzdem nicht in Frage.

Wenig später fährt Piotra mit einigen anderen Frauen in einem Bus von Polen nach Deutschland. Sie sind auf dem Weg, um sich als Live-in-Pflegekräfte rund um die Uhr zu kümmern um Menschen wie Fritz und all die anderen, um die sich sonst keiner kümmern könnte oder würde in den großen Städten und kleinen Dörfern. „Uważaj na siebie. Tu na tym końcu świata“, pass auf dich auf hier in der Pampa, heißt es im Bus, als Piotra schließlich an Fritz’ Häuschen aussteigt.
Von dem Aufeinandertreffen dreier so unterschiedlicher Figuren als neue Familie auf Zeit erzählt Raphaela Bardutzky: Bei „Fischer Fritz“ begegnen sich Heimat und Fremde, Ländlichkeit und Großstadt, verschiedene Sprachen und ähnliche Einsamkeiten. Und nicht immer verlaufen die Linien so, wie man es zu ahnen vermeint.

Raphaela Bardutzky entwickelt ihre Geschichte und ihre Themen in „Fischer Fritz“ sehr spielerisch und auf theatral offene Weise: „Fri“ und „Fra“ und „P“ nennt sie das Personal ihres Stückes — im Kern an je eine der Hauptfiguren angedockt, spielen diese drei auch alle anderen Figuren. Dabei ist „Fischer Fritz“ nicht nur ein Sprechtheater, wie es im Untertitel heißt, sondern auch ein Sprachtheater. Ein Stück, das schnell zwischen den Ebenen und Situationen, den Sprachen und Dialekten switcht — und die Figuren können das auch. Figuren, die auch die Gedanken der anderen mitunter hören können (oder sie eh kennen), die sich ins Wort fallen und die alle gemeinsam eine besondere Geschichte erzählen: von drei Lebenswegen und ihren Bedingungen in unserer Gegenwart.

„In einprägsamen Bildern zieht sich eine Spannung durch dieses Stück, die sich immer wieder im scheinbar Unscheinbaren aufbaut“, hieß es in der Begründung der Jury der Autor:innentheatertage (ATT), die „Fischer Fritz“ auswählte für eine der drei Uraufführungen, die im Rahmen der ATT am Deutschen Theater Berlin und dann an den Kooperationstheatern stattfinden. Inszenieren wird Enrico Lübbe, Intendant des Schauspiel Leipzig, im Team mit Hugo Gretler (Bühne) und Sabine Blickenstorfer (Kostüme) und dem Leipziger Jazzmusiker und Sounddesigner Philipp Rumsch.

Raphaela Bardutzky studierte Schauspieldramaturgie, Philosophie und Literaturwissenschaft an der Bayerischen Theaterakademie August Everding und der LMU München. Gemeinsam mit Theresa Seraphin gründete sie 2016 das „Netzwerk der Münchner Theatertexter*innen“. Sie unterrichtete von 2018 bis 2021 Schreiben für Film und Theater am Institut für Theaterwissenschaft der LMU München. Raphaela Bardutzky lebt in München.

Gewinnerstück des Stückewettbewerbs der Autor:innentheatertage am Deutschen Theater Berlin 2022

Regie: Enrico Lübbe
Bühne: Hugo Gretler
Kostüme: Sabine Blickenstorfer
Musik, Live-Musik: Philipp Rumsch
Dramaturgie: Torsten Buß, Matthias Döpke
Beleuchtung: Thomas Kalz
Theaterpädagogische Betreuung: Amelie Gohla

Mit
Mira Fajfer, Amal Keller, Julia Preuß

Nächste Termine
So, 30.10. 20:00 — 21:20
Diskothek
Sa, 19.11. 20:00 — 21:20
Diskothek

 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 18 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

MIT RASANTEM SCHMISS -- Monrepos Open Air - Abschlusskonzert der Ludwigsburger Schlossfestspiele

Diesmal war nun endlich die lang erwartete mexikanische Dirigentin Alondra de la Parra zu Gast bei den Schlossfestspielen. Zunächst musizierte das exzellente Orchester des Goethe-Gymnasiums…

Von: ALEXANDER WALTHER

IM BAUCH DES RITTERS -- "Falstaff" von Giuseppe Verdi in der Blauen Halle - Mainfrankentheater Würzburg

In der einfallsreichen Inszenierung von Magdalena Fuchsberger (Bühnenbild und Kostüme: Monika Biegler, Video: Aron Kitzig) befindet sich die Handlung im Bauch des alternden Ritters Falstaff, der von…

Von: ALEXANDER WALTHER

LEIDENSCHAFTLICHE AUSBRÜCHE -- SWR Symphonieorchester mit Eva Ollikainen in der Liederhalle Stuttgart

Das "Märchenpoem" von Sofia Gubaidulina war eine echte Überraschung. Denn die finnische Dirigentin Eva Ollikainen arbeitete mit dem SWR Symphonieorchester die elektrisierend-durchsichtige Klangfläche…

Von: ALEXANDER WALTHER

WANDERER ZWISCHEN DEN WELTEN -- Galeriekonzert der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie in der Staatsgalerie STUTTGART

Unter dem Motto "Wanderer" fand diesmal das Galeriekonzert mit dem begnadeten Bass-Bariton Jochen Kupfer statt, der einfühlsam von Marcelo Amaral am Flügel begleitet wurde. Die Lieder von Franz…

Von: ALEXANDER WALTHER

DEM VOLKSTÜMLICHEN VERBUNDEN -- Zweiter Teil des Tschaikowsky-Zyklus' mit dem Staatsorchester Stuttgart in der Liederhalle/STUTTGART

Das Staatsorchester Stuttgart musizierte unter der elektrisierenden Leitung von Cornelius Meister im zweiten Teil des Tschaikowsky-Zyklus zunächst die selten zu hörende Sinfonie Nr. 2 in c-Moll aus…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑