Das Projekt „Walden“ begibt sich ins Fadenkreuz der Rezep-tionsgeschichte von „Walden“ zwischen Gandhi, der Thoreau bewunderte und dem „Unabomber“ Ted Kaczinski, der sich mit seiner terroristischen Technologiekritik ebenfalls direkt auf Thoreau berief.
Regie führt Hausregisseurin Sandra Strunz, die nach Kleists „Familie Schroffen-stein“ und Dea Lohers „Das Leben auf der Praca Roosevelt“ ihre dritte Arbeit in Freiburg zeigt. Die Premiere findet am 1. Dezember im Kleinen Haus statt.
Henry David Thoreau ist der Urvater aller Aussteiger aus der Zivilisation. 1845 unterzieht sich der Harvard-Student einem radikalen Selbstexperiment. Er baut sich eine Hütte am Walden-See, inmitten der Wälder von Massachusetts, um fern aller Zivilisation ein Leben im Einklang mit der Natur zu wagen.
Kann man außerhalb der globalisierten, kapitalistischen Welt leben? Ist ein Widerstand gegen das System innerhalb des Systems möglich? Warum sind wir nie mit weniger zufrie-den? Angesichts apokalyptischer Zukunftsvisionen wie der Klimakatastrophe, der Diktatur des Kapitalismus oder des Terrorismus, wird Regisseurin Sandra Strunz nach dem »Prin-zip Walden« (Einfachheit!) – Ideen wie Enthastung, Ver-zicht, Konzentration und Elastizität untersuchen und ihr subversives Potential ausloten.
„Als ob man die Zeit totschlagen könnte, ohne die E-wigkeit zu verletzen. Die große Masse Menschen führt ein Leben voll Verzweiflung. Was man so Resignation nennt, ist bestätigte Verzweiflung. Aus der Verzweif-lung der Stadt, zieht man in die Verzweiflung des Lan-des hinaus und tröstet sich an der Tapferkeit von Sumpfotter und Bisamratte. Eine stereotype, wenn auch unbewusste Verzweiflung ist selbst unter dem ver-steckt, was man gewöhnlich Vergnügungen und Unterhal-tung der Menschen nennt. Spiel ist keines darin, denn das kommt nach der Arbeit. Warum degenerieren die Men-schen immer? Einfachheit, Einfachheit, Einfachheit! Lass Deine Geschäfte zwei drei sein, sag ich dir, und nicht hundert oder tausend.“ (Walden)
In seinem zweiten berühmten Text “Über die Pflicht zum Un-gehorsam gegen den Staat“ verarbeitet Thoreau eine einzelne Nacht im Gefängnis, in das er wegen nicht bezahlter Steuern gesteckt worden war. Thoreau besaß die Kraft eines Visio-närs, seine Utopie auszudrücken und in gegenwärtiges Leben umzusetzen. Er dreht die Bedingungen von Wahrnehmung um, er probt den Ausstieg aus vermeintlich zwangsläufigen Syste-men, seine Urteile fallen klar aus. Heute sind wir mit un-serer Selbstkapitalisierung gleichzeitig maximal entfernt von Thoreau und doch ist uns sein Thema dichter auf den Fersen als je zu vor: „Ist Veränderung möglich?“ - Wo ste-hen wir heute? Ist die Menschheit noch zu retten? Gibt es eine Versöhnung zwischen Natur, Technik und Mensch?
Regie Sandra Strunz
Ausstattung Veronika Seifert, Daniela Selig
Dramaturgie Viola Hasselberg
Mit
Matthias Breitenbach
Johanna Eiworth
Bettina Grahs
Elisabeth Hoppe
Maria Kwiatkowsky
Thomas Mehlhorn
Weitere Vorstellungen:
Di, 4./ Mi, 5./ Do, 20./ Mi, 26. November 2007, jeweils 20 Uhr, Kleines Haus
Weitere Vorstellungen bis Ende März 2008 sind in Planung