Als Personalrat nehmen wir dazu wie folgt Stellung: Die Argumentation, "zu viel Geld für die Kultur, zu wenig fiir Kindergartenplätze", "die Oper nimmt den Kindergärten das Geld weg", ist in ihrer Einfachheit nicht zu überbieten. Sie wissen genau, dass gerade die Bonner Kinder und Jugendlichen enorm von den speziellen Angeboten des Theaters profitieren. Gute Bildungsmöglichkeiten fiir Kinder beinhalten den Zugang zu kulturellen Impulsen. Hätte der junge Beethoven mit seinem Migrationshintergrund und seiner Herkunft aus einem bildungsfemen Milieu seinen Weg ins Leben gefunden, wenn ihm nicht eben die Kultur die Chance dazu eröffnet hätte?
Sport und Kultur stehen fiir das gleiche Ziel: Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters zusammenzubringen. Als Oberbürgermeister erwarten wir von Ihnen, dass Sie eben dieses deutlich machen. Wer den Streit noch befeuert, handelt nicht im Sinne der Stadt.
Selbstverständlich muss sich die Bonner Kultur neuen Herausforderungen stellen und es ist schwer genug, in diesen Zeiten angestammtes Publikum zu halten und gleichzeitig neues zu gewinnen. Wer aber den Menschen ein schlechtes Gewissen einredet, wenn Sie in die Oper gehen, der handelt kontraproduktiv und erschwert gewaltig die Neuausrichtung. Eine Frage drängt sich auf: Wenn Sie in Zukunft im öffentlichen Nahverkehr unterwegs sind, steigen Sie dann in einen Bus oder mit ebenso rabenschwarzem Gewissen in eine "Kostenfalle"?
Eine Kooperation mit der Kölner Oper mag auf den ersten Blick interessant sein, bei Betrachtung der aktuellen Lage dort allerdings schon weniger, und wenn man sich Strukturen, Mentalitäten und Identifikation anschaut, fast gar nicht mehr. Vor allem: Im Jahr 2020 feiern wir Beethovens 250. Geburtstag, nicht nur in Bonn, sondern in der ganzen Welt. Mit einem überzeugenden Konzept würde es uns gelingen, absolut im internationalen Rampenlicht zu stehen. Wollen wir diesen Trumpf mit Köln teilen oder lieber alleine ausspielen? Beethoven-Stadt Bonn oder Beethoven-Region Köln-Hürth-Bonn!
Als Personalvertretung appellieren wir an Sie auch aus Sicht der Beschäftigten: Können Sie sich vorstellen, wie einem Mitarbeiter des Theaters zumute ist, wenn er liest, dass sein oberster Arbeitgeber den Theaterbesuch nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren kann? Was passiert, wenn jetzt die Bürger Ihre Vorbildfunktion akzeptieren und dem Theater fern bleiben? Was mag wohl in unserem designierten Generalintendanten, Herrn Helmich, vorgehen, wenn der Oberbürgermeister seine Position mit einem "k.w.-Vermerk" versieht? Und was ist mit unserem Kulturdezernenten, Herrn Schurnacher, und den zahlreichen Teilnehmern der "Runden Tische", die die in langwieriger Arbeit mit viel Fachwissen und Detailkenntnis ein seriöses Kulturkonzept fiir unsere Stadt erstellen?