"Still Live", die am 5.1.07 im Tanzhaus NRW uraufgeführte Choreografie des Spaniers Salva Sanchis, Absolvent der belgischen Talentschmiede P.A.R.T.S., ist eine intellektuelle Auseinandersetzung mit der Stille und dem Nichts. Ein einzelner weißer, rundlicher Stein ist deutlich am linken vorderen Bühnenrand platziert und symbolisiert das Thema dieser Aufführung. Ansonsten begnügt sich das Bühnenbild mit sieben grüngelben Stellwänden, die an Ankleidespiegel erinnern und mitunter durch eine intensive Lichtreflexion Aufmerksamkeit erheischen (Bühnenbild: Kristof van Gestel).
Zwei Tänzerinnen (Manon Santkin, Mioko Yoshihara) und ein Tänzer (Salva Sanchis) gleiten durch den Raum. Es sind drei Individuen mit drei unterschiedlichen Ausdrucksformen, die keinen Kontakt miteinander aufnehmen, nicht hierarchisch agieren, jedoch aufeinander bezogen bleiben. Eine slawisch sprechende Radiostimme begleitet zunächst leise die Bewegungen der Tänzer und klingt wie gedämpft durch eine leicht geöffnete Fensterscheibe. Eine sonntagnachmittägliche Ruhe scheint sich auszubreiten. Immer wieder halten die Tänzer in ihren Bewegungen inne und verharren sekundenlang wie bei einem Standphoto. Dann wieder ist vor allem Manon Santkin von einem fast krankhaft wirkendem Wiederholungszwang gepackt und scheint nicht aufhören zu können mit ihren zuckenden Körperbewegungen. Ein Bewegungsmoment wird isoliert und scheinbar unkontrolliert wiederholt. Die danach wieder einsetzende Beruhigung erscheint irritierend. Die Ruhe vor dem Sturm?
In die Aufführung ist das 28minütige Streichquartett "Reigen seliger Geister" des deutschen Komponisten Helmut Lachenmann gebettet, auf das die Tänzer sich zwar in ihren Bewegungen beziehen, ohne aber Rhythmus und Zeitstruktur zu übernehmen, somit aber in einen spannungsreichen Kontrast tretend.
"Still Live" ist eine Studie zur Stille und zeigt eine Möglichkeit, Ruhe, Regungslosigkeit, aber auch das Beruhigen/Stillen der Leidenschaft darzustellen. Was wie scheinbar tänzerisch improvisiert wirkt, ist jedoch äußerst präzise und pur umgesetzt. Die Choreografie von Salva Sanchis zeugt von formaler Klarheit, wirkt mitunter aber etwas spröde.
Choreografie: Salva Sanchis; Tanz: Manon Santkin, Mioko Yoshihara, Salva Sanchis; Musik: Helmut Lachenmann; Bühnenbild: Kristof Van Gestel.
5. und 6. Januar 2007 im Tanzhaus NRW