Kein Gott, der sich so viele Affären herausnahm wie der Herrscher des Olymp höchst selbst. Einfallslosigkeit kann man ihm bei diesen Unterfangen nicht vorwerfen, kaum ein Tier, dessen Gestalt er sich auf Freiersfüßen nicht ausgeliehen hätte – vom eleganten Schwan bis zum wilden Stier. Aber den Ehemann? Was für einen Reiz könnte das haben? Diesmal fällt Jupiters Wahl auf die Frau des Thebanerfeldherrn Amphitryon, die ihren Gatten so innig und treu liebt, dass der Göttervater zu einer besonderen List greifen muss: Er macht sich zu Amphitryon selbst.
Welche Folgen der kleine Ausflug des Gottes in die Welt der Sterblichen hat, zeigt Henri Hohenemser in seiner Inszenierung von Heinrich von Kleists Lustspiel: Amphitryon kommt nach Hause und ist – angeblich – längst da. Nicht nur, dass diese Dopplung seiner Person den tapferen Feldherrn selbst an den Rand des Wahnsinns treibt – auch sein Diener kriegt ordentlich Ärger, und die Gattin Alkmene traut weder Auge noch Gefühl mehr. Ein doppeltes
Verwechsel- und Verwirrspiel nimmt seinen Lauf, das ebenso amüsant wie erschreckend, komisch wie tragisch enden muss …
Eigentlich sollte Kleist die Molièresche Textvorlage nur übersetzen und neu bearbeiten, doch wurde dabei ein neues Stück daraus. Das Doppelgänger-Motiv und seine Folgen beschäftigten ihn so tief, dass er gar eine ganze Szene neu dazu erfand – war die Komödie doch eine Spielart
auf das Thema, das ihn sein Leben lang beschäftigte: die Identität.
Nächste Termine: 5., 11. und 24. Mai | 19.30 Uhr | Großes Haus