Ist es überhaupt möglich, mit einer solchen Frau Mitleid zu empfinden? Kann man ihre Tat verstehen?
Die Tragödie des Euripides handelt vom Fremdsein in einer "modern" eingerichteten Welt. (Medea ist darin eine unwillkommene Asylantin, die geduldet, aber nicht integriert wird.) Ihre Rezeption spaltet sich in zwei hauptsächliche Linien: Medea - der Alptraum "Frau", die rachsüchtige Megäre. Oder: Medea - die Geschichte einer Emanzipation mit ungeheuerlicher, aber selbst bestimmter Konsequenz.
In der zweiten großen chorischen Arbeit von Volker Lösch am Schauspiel Stuttgart sind dies-mal 19 türkische Frauen aus Stuttgart eingeladen, mit Schauspielerinnen und Schauspielern auf der Bühne zu stehen. Ausgehend vom Theatertext wird es dabei um die Erkundung der konkreten Lebenssituationen dieser beteiligten Frauen und um den deutschen Blick auf Integration und ihre Folgen gehen.
Der Fall "Medea" in seiner herausfordernden Exemplarität - er ist die Folie, auf der diese theatralische Erkundung der konkreten Erfahrungen und ihrer Verbindung zum Überlieferten stattfinden soll.
Regie: Volker Lösch, Bühne: Carola Reuther, Kostüme: Cary Gayler, Chorleitung: Bernd Freytag, Dramaturgie: Beate Seidel
Mit: Marietta Meguid (Medea), Katharina Ortmayr (Medea), Lisa Wildmann (Medea); Florian von Manteuffel (Kreon), Sebastian Nakajew (Jason) sowie Annabella Akcal, Lale Asasi, Hayat Calandra, Fatma Gülcan-Genc, Leyla Ibaoglu, Nuray Kahraman, Aynur Karlikli, Sebnem Maier, Aynur Sahin, Ylmaz Senay, Mine Sirin, Serap Yadigar