Wahlweise lässt sich diese Achse der Unterscheidung auch von der Horizontalen in die Vertikale drehen – dann liest sich dieselbe Gleichung als „Wir“, die wir hier unten sind, denen nicht zugehört wird, und „Die“, die da oben, die korrupten Politiker, die Gutmenschen-Lobby und Lügenpresse.
„Wir und die“ ist die Kernformel, der erste Glaubenssatz des Populismus. Beide Varianten der Formel bewirken das Gleiche: Sie fingieren das Authentische und Autochthone, konstruieren zusammen mit dem Gegenpol einer angeblichen Bedrohung einen Pol der Selbstvergewisserung. Sie reduzieren damit die zunehmende Komplexität der Welt auf ein Schema, dem selbst der einfachste Geist noch folgen kann. Schuld sind nie „wir“, sondern immer nur „die“. Und wie wird es besser? Ganz einfach, „Die“ müssen weg. Aber können wir die Formel nicht auch anders verwenden? Wenn wir Identität (mit Kwame Anthony Appiah) als „Aktivität, nicht als Ding“ begreifen – kann aus der starren Unterscheidung die Beschreibung eines konstruktiven Prozesses werden? Oder taugt die Rede vom „Wir und die“ doch nur zur rhetorischen Waffe politischer Brandstifter?
In einer aktuellen Themenwoche vom 3. bis 11. Juni will das Schauspielhaus Bochum anhand von Gesprächen und Vorträgen die politischen Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit im Kontext von Identität, Integration und Segregation untersuchen. Dazu werden passende Filme sowie Theaterproduktionen gezeigt.
Vorstellungen aus dem Repertoire
Kampf des Negers und der Hunde 3. Juni
Der Herr der Fliegen 8. Juni,
Kurze Interviews mit fiesen Männern 10. Juni
Biedermann und die Brandstifter 11. Juni,
Lampedusa 11. Juni
Gespräche und Vorträge
mit der Historikerin Dagmar Kift, Sozialwissenschaftler Stefan Goch und Mitglied des Landtags Serdar Yüksel 6. Juni, dem Sozialpsychologen Jürgen Straub 8. Juni, dem Gewaltforscher Andreas Zick, Historiker Stefan Berger und Chefdramaturg Olaf Kröck 11. Juni
Der Eintritt zu allen Vorträgen und Gesprächen ist frei.
Dokumentarfilme im Endstation.kino
Café Waldlust von Matthias Koßmehl, 7. Juni,
Ferne Söhne von Andres Rump, 10. Juni
Karten: 5,00 € (im endstation.kino erhältlich)
Alle Informationen zur Themenwoche „Wir und die? Vom Blick auf die anderen“ finden Sie ab Mitte Mai in einem separaten Programmflyer und auf www.schauspielhausbochum.de
Schauspielhaus Bochum in Kooperation mit der Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets und endstation.kino. // Programmplanung: Prof. Dr. Stefan Berger, Alexander Leiffheidt, Nina Selig