Nur wenige Werke des 1941 bei der Verteidigung Leningrads mit 27 Jahren gefallenen Komponisten Benjamin Fleischmann haben den Krieg überlebt. Die Oper Rothschilds Geige entkam in den Händen von Fleischmanns Lehrer Dmitri Schostakowitsch bei dessen Evakuierung aus der belagerten Stadt. Noch während des Krieges vollendete und orchestrierte der sie – im Andenken an seinen Schüler. Doch zögerte er, sie zu veröffentlichen, so dass sie die Jahre stalinistisch gefärbten Antisemitismus in der Schublade überdauerte, bevor es erst 1960 zur konzertanten und 1968 zur szenischen Uraufführung kam.
So sehr die Geschichte des 20. Jahrhunderts diese Oper begleitet, so universell ist die Fabel Tschechows wie die Fleischmanns: Der Sargmacher Jakow Matwejewitsch Iwanow, genannt Bronze, der als Geiger im jüdischen Orchester seines Städtchens bei Hochzeiten aushilft, macht eine pessimistische Erkenntnis: Auf das wirkliche Leben hat er gewartet, während es an ihm, der ganz auf die Arbeit und das tägliche Auskommen bedacht war, schon unbemerkt vorüber gezogen ist. Als seine Frau Marfa stirbt, erscheint ihm das menschliche Dasein sinnlos. Doch wandelt sich sein Blick auf die Welt: Bevor er diese verlässt, überlässt er seine Geige dem gehasst-beneideten Flötisten Rothschild, der auf ihr ganz andere Töne anstimmt.
Hanna Krall erinnert sich in Die Entscheidung an den an Aids erkrankten Freund eines Freundes: Peter Schock, ein kultivierter Mensch, der ihr aber fremd blieb. Als seine Krankheit unheilbar fortschreitet, wählt der den Weg der Euthanasie und arrangiert bis ins kleinste Teil seinen feierlichen Abschied. Irgendwo zwischen Bette Midler und seiner Identifikation mit dem europäischen Judentum schafft er sich auf kitschige und doch menschliche Weise einen Abglanz von Glauben. Die wie in allen Ihren Erzählungen um Distanz und Objektivität ringende Autorin kann sich jedoch von der Verlegenheit, die Schocks Selbstinszenierung ihr bereitet, kaum freimachen.
Für die Kammeroper Herzland griff die 1980 geborene Komponistin Sarah Nemtsov auf den Briefwechsel zwischen dem Dichter Paul Celan und seiner Frau Gisèle Celan-Lestrange zurück. Sie zeigt verschiedene Stationen dieser Beziehung, die trotz der tiefen Liebe zwischen den beiden und zu ihrem gemeinsamem Sohn an den inneren Konflikten des Schriftstellers zerbricht und die Celan, dem nach Krieg und Holocaust Unbehausten, keine Heimat bieten kann. 2009 arbeitete die Komponistin das 2005 uraufgeführte Werk für das Orchester Jakobsplatz München noch einmal um.
Besetzungen
Herzland
Musikalische Leitung Daniel Grossmann
Inszenierung Miron Hakenbeck
Bühne Mirko Hensch
Kostüme Regine Brandl
Video Manuela Hartel
Licht Thomas Wendt
Gisèle Anna Radziejewska
Paul Urban Malmberg
Orchester Orchester am Jakobsplatz
Rothschilds Geige
Musikalische Leitung Daniel Grossmann
Inszenierung Miron Hakenbeck
Bühne Mirko Hensch
Kostüme Regine Brandl
Video Manuela Hartel
Licht Thomas Wendt
Jakow Matwejewitsch Iwanow (genannt Bronze) Sergei Leiferkus
Rothschild George Humphrey
Moissej Iljitsch Schachkes Dean Power
Marfa Heike Grötzinger
Markus Hagenbucher
Fritz Laubscher
Masumi Miura
Maximilian Mühlbauer
Elmar Panzer
Hans Seeberger
Rudolf Steger
Olivier Thomazo
Orchester Orchester am Jakobsplatz
Die Entscheidung
Inszenierung Miron Hakenbeck
Bühne Mirko Hensch
Kostüme Regine Brandl
Video Manuela Hartel
Licht Thomas Wendt
Sounddesign Felix Leuschner
Peter Schok Andreas Christ
Die Autorin Sabine Kastius
Gabriel Markus Schmädicke
Michael Sebastian Schulik
Raphael Marco Montoya
Der Arzt Alexander Keil
Eine Koproduktion mit dem Orchester Jakobsplatz München
Vorstellungen:
Samstag, 5. Februar 2011
Sonntag, 6. Februar 2011