Zur vibrierenden Musik von Palavra Cantada wird bei "Primavera" der Neubeginn nach einer dunklen Zeit gefeiert, denn die Corona-Pandemie hat Brasilien mit voller Wucht getroffen. Diese suggestive Choreografie soll ein Frühlingsfest und ein Neuanfang zugleich sein. Und die Bewegungen der Tänzer werden über kleine Kameras in raffinierter Weise auf die Rückwand projiziert. Helle Farben gipfeln dabei in jazzartigen Weisen.
Die Musik zu "Primavera" basiert auf 14 Instrumentalbearbeitungen des Duos Palavra Cantada aus Sao Paulo, das eigentlich Musik für Kinder schreibt. Afrikanische Percussion-Musik versetzt die Tänzerinnen und Tänzer im Bühnenbild von Paulo Pederneiras und den Kostümen von Freusa Zechmeister in einen geradezu enthusiastischen Taumel. Die unbändige Freude am Leben zeigt sich in den weiten Mousselinröcken der Frauen. Gelb-, Orange-, Rot- und Grüntöne vermischen sich so zu einem bewegenden visuellen Kosmos.
Diese Choreografie ragt in ihrer Einzigartigkeit besonders hervor. Ganz anders erscheint dann die portugiesisch geprägte Arbeit "Breu", was so viel wie Pech oder Teer bedeutet. Die Tänzer liegen hier am Boden. Diese unheimliche schwarze Masse scheint auch den Tanz kleben zu lassen. So beginnt das Werk mit einem Bild der Verwüstung. In einer Black Box zeigt der Choreograf Rodrigo Pederneiras den täglichen Lebenskampf in all seiner Brutalität. Jeder Mensch kämpft hier um Vorherrschaft, ist Täter und Opfer zugleich. Die Tänzer fesseln sich aneinander, heben sich in die Höhe und geraten in eine manchmal ausweglose Konfrontation zueinander. Sie springen sich gegenseitig an - schwarz oder weiß. So kommt es zu einem atemlosen körperlichen Wechselspiel.
Dieses unheimliche Ringen mit der Schwerkraft gipfelt in ekstatischen Sprüngen - die Körper heben sich fast mechanisch und scheinbar schwerelos vom Boden weg. Die Zeit scheint still zu stehen. Radikale Bewegungen ersetzen hier die Sinnlichkeit und Überschwänglichkeit des Tanzes. Obwohl das erste Stück "Primavera" eine noch stärkere Wirkungskraft besitzt, zeigen sich auch bei "Breu" viele Vorzüge. Die Musik des brasilianischen Rockmusikers Lenine verbindet Folklore mit Punkmusik. Elektronische Samples, Geräusche und Klangfarben versetzen den Zuschauer in einen Rausch. Es erklingt sogar eine mittelalterliche Flöte, das Englischhorn und die arabische Trommel Darbuka. Geometrische Linien und Strukturen werden von einem glänzenden Schwarz im Hintergrund ergänzt. Die Tänzer tragen als Schuhe Sneakers.
Das Publikum war begeistert und spendete dem Ensemble "Grupo Corpo" Ovationen.