Die abenteuerliche Reise der Puppe Pinocchio beginnt, kurz nachdem sie geschnitzt wurde. Pinocchio
türmt, kaum sind die Füße fertig, und bringt seinen „Vater“ Geppetto ins Gefängnis. Unter der
schillernden Oberfläche voller Magie, poetischer Bilder und fantastischer Spielereien erlebt Pinocchio eine Fahrt ins Ungewisse. Er erlebt Betrug und Verführung vor allem durch einen geldgierigen Fuchs und
einen böswillig-gewieften Kater. Kopfüber stürzt Pinocchio in ein Leben und bemerkt nicht, dass die Welt
nicht nur für ihn gemacht ist. Eine fiese Gesellschaft voller Hunger, Brutalität und sozialer Ungerechtigkeit bringt die Holzpuppe fast an den Abgrund.
Pinocchio wird auf seiner Odyssee fast getötet und von einem Walfisch verschlungen, in dessen Bauch er den tot geglaubten Vater trifft. Am Ende ist Pinocchio zwar gezähmt, aber auch domestiziert. Seine
anarchische Ungezügeltheit wird von der Gesellschaft nicht geduldet.
Die Inszenierung
Sieben Schauspieler, darunter der in Fürth häufig engagierte Michael Vogtmann als Geppetto, agieren als Märchenfiguren, Conferenciers, Sänger und bedienen auch per Handkurbel ein „Wandelpanorama“, auf dem Naturlandschaft, Gefängnis oder Walgerippe projiziert werden. Im Mittelpunkt der Darsteller steht natürlich Denise Matthey als Pinocchio. Wie ein zum Leben erwachter Homunculus beginnt Matthey ihr Spiel mit ungelenken, eckigen Bewegungen. Der Zauber ihrer „Menschwerdung" von der Puppe zum Jüngling gelingt ihr mit phänomenaler Körperbeherrschung.
Eine weitere Besonderheit dieser Inszenierung sind die aufwendigen Theatermittel. Jochen Schölch
scheut in seiner Inszenierung weder Illustrationen, Projektionen, Masken, Marionetten noch ferngesteuertes Spielzeug. Die live gesungene und gespielte Musik von Martyn Jacques erzählt zudem Geschichten von den Rändern der Gesellschaft. Die morbiden Songs verleihen dem italienischen Original radikal-ironische Noten und leisten Widerstand gegen die Bilder eines vordergründig friedliebenden Systems. „Pinocchio" wird in dieser Version trotz aller Poesie zu einer knallharten Geschichte jenseits der Verklärung zum lieblichen Märchen. Damit kommt die Inszenierung dem Originalbuch wesentlich näher als manche verniedliche Kindervariante. Die Holzpuppe, die zum Leben erwacht, misshandelt, betrogen, erlöst und letzten Endes von seinem Vater Gepetto bis zuletzt geliebt wird, erleidet die Geschichte der Menschwerdung in verschiedenen Stationen seiner Heldenreise.
Die magisch-anarchische Traumwelt wird in dieser Inszenierung mit viel Musik erzählt, die der britische Komponist Martyn Jacques, Gründer der legendären Truppe „The Tiger Lillies“, geschaffen hat.
Produktion
Metropoltheater München/
Stadttheater Ingolstadt/
Stadttheater Fürth
Inszenierung: Jochen Schölch
Arrangements: Walter Kiesbauer
Musikalische Leitung:
Walter Kiesbauer
Andreas Lenz von Ungern-Sternberg
Choreografie: Katja Wachter
Kostüme: Leonie Droste
Puppenbau: Peter Lutz
mit
Denise Matthey
Lilian Naumann
Thomas Schrimm
Enrico Spohn
Michael Vogtmann
Elisabeth Wasserscheid
Thomas Wenke
WEITERE TERMINE:
14. Oktober 2012, 19.30 Uhr
16. –20. Oktober 2012, 19.30 Uhr
21.Oktober 2012, 18.00 Uhr
9. – 11 November 2012, 19.30 Uhr