Nicht nur durch ihre klangliche Kühnheit und Wucht ist die «Penthesilea» mit Richard Strauss’ «Elektra» in Beziehung gesetzt worden. Beide Musikdramen treiben ruhelos der Katastrophe entgegen. Auch die grausame Offenlegung von menschlichen Abgründen der Titelheldinnen und nicht zuletzt der gemeinsame Uraufführungsort Dresden verdeutlichen die Nähe beider Werke. Mit «Penthesilea» kommt eines der großen Musiktheaterwerke der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts auf die Bühne seiner Erstaufführung zurück, wo es am 8. Januar 1927 mit großer Begeisterung aufgenommen wurde. Das Werk des häufig als «letzten Romantiker» bezeichneten Schoeck überraschte in seiner musikalischen Expressivität, mit der es den Anschluss an die Avantgarde der damaligen Zeit demonstrierte.
Die Oper entstand auf der Grundlage des lange Zeit als unspielbar geltenden Dramas von Kleist. Die zentralen Gestalten Penthesilea und Achilles sind in ihren konträren gesellschafts- und geschlechtsbedingten Verhaltensmustern gefangen. Daraus resultierende tragische Missverständnisse bestimmen den Handlungsverlauf. Unter Beibehaltung der originalen Verse, allerdings mit einer für das Musiktheater notwendigen Straffung, zollte der Komponist den oft unvermittelt wechselhaften Stimmungen der Kleistschen Sprache Respekt: «Die eigentliche Melodie bilden die Verse Kleists, die Musik gibt dazu nichts als Harmonie und Rhythmus».
Alles ist konsequent verdichtet auf den Konflikt beider Protagonisten, den Kampf der Geschlechter und die Wechselspannung von Liebe und Hass: Im Kampf wird die Amazonenkönigin von Achilles besiegt, der sich in sie verliebt hat und sie nun für sich gewinnen will. Laut Amazonenrecht darf sich eine Kriegerin nur mit dem Mann vereinen, den sie siegreich im Krieg bezwang. So gibt sich Achill der aus einer Ohnmacht erwachenden Penthesilea als ihr im Kampf unterlegen aus. Das beginnende Liebesglück, auf einer Täuschung basierend, hält nur so lange, bis Penthesilea die Wahrheit über ihre Niederlage erfährt und ihre Liebe in Hass umschlägt. So gekränkt, kann sie Achill für sein Angebot eines erneuten Zweikampfes nur verachten und erkennt nicht, dass er waffenlos kommt, um sich von ihr besiegen zu lassen. So tötet und zerfleischt sie ihn in blinder Raserei.
Unter der musikalischen Leitung von Gerd Albrecht ist Iris Vermillion in der Titelpartie zu hören. Ihr männlicher Gegenpart Achilles ist mit Markus Nieminen besetzt. In weiteren Partien singen u.a. Milana Butaeva (Prothoe), Stephanie Atanasov (Meroe) und Sofi Lorentzen (Oberpriesterin). Günter Krämer inszeniert das Werk im Bühnenbild von Jürgen Bäckmann und mit den Kostümen von Falk Bauer. Der Staatsopernchor wird einstudiert von Ulrich Paetzholdt, die Choreografie besorgt Otto Pichler.