Er verpasst die Chance, reich zu heiraten, sich selbst und seine Mutter abzusichern, doch gleichermaßen weiß er, dass Größeres auf ihn wartet. Er lässt sich verführen von jeder Zerstreuung, der nächsten Schlägerei, von seinen Gedanken, die ihn sich als Kaiser sehen lassen, als einen, der Großes vollbringt. Taumelnd geht er diesem Bild nach. Er wird zum Verführer, der nach seinem lächerlichen Auftritt bei der Hochzeitsgesellschaft die Braut raubt und anschließend vogelfrei ins Reich der Trolle flieht, um dort das erstbeste Mädchen zu schwängern.
Es ist aber auch Peer Gynt, der sich in Solveig verliebt, ihr ein Haus baut. Der Gleiche, der nicht ankommen will, der sich nicht für einen Weg entscheidet. Er füllt sich an mit Identität, getrieben von der Sehnsucht, jemand sein zu können, für sich und für die Anderen. Er reist um die Welt, arbeitet als Reeder in Amerika, wird zum Propheten, zum Kaiser der Selbstsucht und kommt seinem Ich trotzdem nicht näher. Gleich wie vom Duft der modernden Zwiebel, Haut um Haut, ist er betäubt, gerät in einen Wahn, der nicht mehr offenbart, was Realität oder Fiktion ist, was Gedankenvergehen oder utopischer Entwurf des gyntschen Ichs ist. Es ist eine ekstatische Flucht, angetrieben vom beständigen Scheitern der Lüge und der Angst, in der eigenen Erfindung verloren zu gehen — sein Dasein eine hohle Form, die am Ende nur dazu taugt, eingeschmolzen zu werden. Es ist der Peer Gynt, der zu seinem eigenen Abgrund wird.
Seit der Spielzeit 2015/16 ist Philipp Preuss Hausregisseur am Schauspiel Leipzig. Nach den Erfolgen von „Der Reigen oder Vivre sa vie“ und „Wolokolamsker Chaussee I–V“ sowie „Ein Sommernachtstraum“ ist Ibsens Drama seine zweite Inszenierung auf der Großen Bühne. Nach seinem Studium am Mozarteum Salzburg arbeitet er seit 2001 als freier Regisseur und bildender Künstler. Seine Inszenierungen waren u. a. am Schlosstheater Moers, am Schauspiel Dortmund, am Schauspiel Frankfurt, an der Schaubühne Berlin und am Residenztheater München sowie am Volkstheater Wien zu sehen. Der Musiker Kornelius Heidebrecht, der schon bei der Inszenierung „Ein Sommernachtstraum“ die musikalische Leitung übernahm, wird für „Peer Gynt“ eine eigene Komposition entwerfen, die von ihm live auf der Bühne mit Opernsängerinnen umgesetzt werden wird.
Regie: Philipp Preuss
Bühne & Kostüme: Ramallah Aubrecht
Musik: Kornelius Heidebrecht
Video: Konny Keller
Dramaturgie: Christin Ihle
Mit
Timo Fakhravar
Dieter Jaßlauk
Andreas Keller
Joanne D'Mello, Fanny Lustaud, Amanda Martikainen, Hiltrud Kuhlmann, als Opernsängerinnen
Markus Lerch
Denis Petković
Felix Axel Preißler
Florian Steffens
Weitere Vorstellungen am 04. und 25.02., jeweils 19:30 Uhr