Am selben Nachmittag werden Bühnen-, Kostüm- und Maskenführungen angeboten, um ein besseres Verständnis des späteren Bühnengeschehens zu leisten – auch ohne Sehen. Gefördert wird das Projekt vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, der Manfred Lautenschläger Stiftung, der Paul und Charlotte Kniese-Stiftung, der Auerbach Stiftung, der Stiftung Landesbank Baden-Württemberg, der Herbert Funke-Stiftung, dem Deutschen Blindenhilfswerk, der Firma Audiosolution und Hörfilm e. V.
Neuland betrat man am Theater und Philharmonischen Orchester der Stadt Heidelberg in der vergangenen Spielzeit bereits mit der erstmaligen Realisierung der barrierefrei zugänglichen Operette „Frau Luna“ von Paul Lincke. Einen Schritt weiter wagen sich die Heidelberger nun mit „Titus“. Projektpartner ist wie im vergangenen Jahr der Verein Hörfilm e. V. Auch für dessen Vorsitzende Anke Nicolai, die das Projekt persönlich leitet, ist die blindengerechte Erarbeitung einer Oper eine echte Herausforderung: „Am schwierigsten ist für mich, ausreichend akustische Informationen für die Sehgeschädigten zu liefern ohne dabei den Musikgenuss zu zerstören.“ Damit das nicht passiert, sind Blinde von Anfang an eingebunden bei der Erarbeitung der Audiodeskription. „Nur ein blinder Mensch kann sagen, welche akustischen Informationen er oder sie benötigt, um die Handlung vollständig zu verstehen“.
Für den Tag der Vorstellung wird aufwändige Übertragungstechnik im Theater installiert, die den sehgeschädigten Besuchern einen barrierefreien Theaterbesuch ermöglicht. Neben dem Empfang der Audiodeskription wird auch allgemeine Orientierung im Theater ermöglicht. Speziell für das Heidelberger Theater haben die Beschreiber von Hörfilm e. V. eine Audioführung durch das Foyer erarbeitet. An relevanten Punkten wie der Bar oder den Garderoben werden Sender installiert, die in festgelegter Reichweite ein Signal aussenden. Betritt ein Besucher mit seinem Audioguide den Radius des Senders, so werden ihm beispielsweise die Getränkekarte vorgelesen oder der genaue Aufbau der Garderobe geschildert. Finanziert wird das ca. 12 000 Euro teure Projekt über Sponsoren- und Stiftungsgelder, die Theater und Hörfilm e. V. gemeinsam einwerben.
Grundsatz dieser Initiative von Intendant Peter Spuhler ist die Gleichberechtigung bei kultureller Teilhabe auch für Sehgeschädigte. Deshalb handelt es sich hier um eine Vorstellung im freien Verkauf, die blinde und sehende Theaterbesucher gemeinsam erleben. Sehende Besucher bekommen zudem die Möglichkeit, Brillen auszuleihen, die eine Sehstörung simulieren, um die Situation Nicht-Sehender Besucher nachvollziehen zu können. Intendant Peter Spuhler ist es ein großes Anliegen, dass regelmäßig Hörtheater-Veranstaltungen in Heidelberg stattfinden. Im Zuge der umfassenden Sanierung des Hauses soll die entsprechend notwendige Übertragungstechnik fest installiert werden, ein großer Gewinn für die Betroffenen. Damit ist Heidelberg Vorreiter in Deutschland.
Die Vorstellung am 07.03. beginnt um 19.30 Uhr. Karten sind unter Nennung des Stichworts „Hörtheater“ an der Heidelberger Theaterkasse unter 06221.5820000 ab sofort erhältlich. Bitte geben Sie auch die Zahl der benötigten Audioguides an, damit am Abend genügend Geräte bereitgestellt werden können. Schwerbehinderte Besucher erhalten 50 % Ermäßigung. Mit Merkzeichen »B« im Schwerbehindertenausweis ist die Begleitperson frei. Der Zugang für Blindenführhunde ist garantiert. Falls Sie einen Blindenhund mitbringen werden, informieren Sie bitte bei Reservierung/Kauf Ihrer Karte die Kassenmitarbeiter, die Ihnen dann einen entsprechenden Platz buchen. Es gibt Rollstuhlplätze und es stehen Induktionsschleifen für Besucher mit Hörschädigung zur Verfügung.
Masken-, Kostüm- und Bühnenführungen finden ab 16.00 Uhr statt. Die Teilnehmerzahl ist hier begrenzt, daher wird um rechtzeitige Anmeldung bei Anke Nicolai unter 0176.22 98 87 03 oder a.nicolai@hoerfilmev.de gebeten. Dieses Angebot ist kostenlos.
Bei einem speziellen Rahmenprogramm wird die Heidelberg Marketing GmbH Führungen durch Heidelberg und weitere Veranstaltungen für Blinde und Sehbehinderte anbieten. Auch hier nimmt die Stadt Heidelberg eine Vorreiterrolle ein. Das Programm erfahren Sie unter www.theater.heidelberg.de.
Für den Einbau der Anlage zur Übertragung der Audiodeskription im neuen Theatersaal hat der Freundeskreis des Theaters ein Spendenkonto eingerichtet. Wenn Sie sich hierfür engagieren möchten, richten Sie Ihre Spende an den Freundeskreis des Theaters und Philharmonischen Orchesters der Stadt Heidelberg, Konto 59784234 bei der H+G BANK, BLZ 672.901.00. Die auf das eingerichtete Konto eingehenden Spenden werden automatisch zweckgebunden für dieses Projekt verwendet. Bei Beträgen ab 100,- EUR erteilt der Freundeskreis ohne besondere Aufforderung eine Spendenbescheinigung.