Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Oper Köln: "Die spanische Stunde" und "Das Kind und der Zauberspuk" von Maurice RavelOper Köln: "Die spanische Stunde" und "Das Kind und der Zauberspuk" von...Oper Köln: "Die...

Oper Köln: "Die spanische Stunde" und "Das Kind und der Zauberspuk" von Maurice Ravel

Premiere 25. September2016 › 18 Uhr im StaatenHaus Saal 2. -----

Eine von ihrem Ehemann vernachlässigte Frau kämpft erfolgreich um ihre sexuelle Erfüllung, während alle Uhren ticken. Ein rabiater Junge wird mit den Folgen seines Handelns konfrontiert und geläutert, als die von ihm gequälten Tiere und Dinge ein unerwartetes, bedrohliches Eigenleben entwickeln.

Ein Maurice Ravel-Doppelabend mit dessen komödiantischem Einakter »Die spanische Stunde« (»L’heure espagnole«) und der lyrischen Phantasie »Das Kind und der Zauberspuk« (»L’enfant et les sortilèges«). Maurice Ravel, der mit einer Fülle instrumentaler Werke seinen Ruf als exquisiter Klangästhet begründete und sich im Bewusstsein der Nachwelt vor allem als Komponist des »Bolero« festgesetzt hat, erweist sich auch mit seinen beiden einzigen Bühnenwerken als ein Großmeister im Zauberreich musikalischer Stilistik.

 

Während »Die spanische Stunde« (UA 1911, Paris) mit musikalisch sublimierter Frivolität und jeder Menge Ironie erfrischt, entführt die ›Fantaisie lyrique‹ »Das Kind und der Zauberspuk« (UA 1925, Monte-Carlo), basierend auf einer Textvorlage der legendären Colette, in eine Traumwelt magischer Klanglichkeit, in der sich die Auftritte der zum Leben erwachenden Gegenstände und Gestalten wie einzeln ausziselierte Nummern einer zauberhaften musikalischen Parade ausnehmen.

 

Der kleingewachsene Feingeist Ravel soll – so wird gesagt – ein Faible für die verborgenen Nischen der kindlichen Seele und für kleine Dinge besessen haben. So finden sich in dem Kind seiner »Zauberspuk«-Oper, dessen letztes (Zauber-)Wort ein beseeltes »Maman« (»Mama«) ist, fraglos psychologische Anteile des zeitlebens alleinstehend gebliebenen Dandys, der kaum je den Tod seiner geliebten Mutter verwand.

 

Die drastische Eindeutigkeit der »Spanischen Stunde« hingegen, bei der die attraktive Uhrmachergattin Concepción die kurzzeitige Abwesenheit ihres erotisch uninteressanten Ehemanns für ein dringendes Stelldichein mit einem Studenten nutzen möchte, wird bei Ravel zu einem sich auf 45 Minuten erstreckenden Höhepunkt des musikalischen Parlando und Witzes. Die Mechanik der hier allgegenwärtigen, tickenden – und damit zur Eile gemahnenden – Uhren liefert dabei die Verbindung zur Mechanik des Sexualaktes. Dazu mag passen, dass am Ende weder der allzu schöngeistige, schnell in einer Standuhr versteckte Student Gonzalvo, noch der reiche Bankier Don Gomez, der ebenfalls in eine Uhr verfrachtet wird, den ultimativen Treffer landen dürfen, sondern der maskuline Kraftprotz Don Ramiro, der sich bei der sexuell unausgelasteten Uhrmachergattin spätestens beim mühelosen Schleppen der bemannten Standuhren für wichtigere Aufgaben empfohlen hat. Unter allen Liebhabern zählt am Ende eben nur der erfolgreiche …

 

GMD François-Xavier Roth widmet sich mit diesem Ravel-Doppelabend einem Komponisten, der ihm besonders am Herzen liegt. Dabei arbeitet er mit der jungen französischen Regisseurin Beatrice Lachaussée zusammen, die an der Oper Köln bereits mit »Jakob Lenz« und »Tagebuch eines Verschollenen«/»Sāvitri« erfolgreich war.

 

› Die spanische Stunde (»L’heure espagnole«) › Musikalische Komödie in einem Akt von Maurice Ravel (1875 - 1937) › Libretto von Franc-Nohain

› Das Kind und der Zauberspuk(»L’enfant et les sortilèges«) › Lyrische Phantasie in zwei Teilen von Maurice Ravel (1875 - 1937) › Libretto von Sidonie-Gabrielle Colette

 

Musikalische Leitung François-Xavier Roth

Inszenierung Béatrice Lachaussée |

Bühne und Kostüme Nele Ellegiers

Licht Andreas Grüter |

Chor Andrew Ollivant |

Dramaturgie Georg Kehren

 

»Die spanische Stunde« mit Clémentine Margaine, Jeongki Cho, John Heuzenroeder, Thomas Dolié, Tomislav Lavoie, Gürzenich-Orchester Köln

 

»Das Kind und der Zauberspuk« mit Marie Lenormand/Regina Richter (30.09.), Judith Thielsen, María Isabel Segarra, Dongmin Lee, Sara Jo Benoot, Maria Kublashvili, Tomislav Lavoie, Thomas Dolié, John Heuzenroeder, Chor der Oper Köln, Mädchen und Knaben des Kölner Domchores, Gürzenich-Orchester Köln

 

Vorstellung 30. September › 19.30 Uhr weitere Vorstellungen im Oktober

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 18 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

EIN TAUSENDSASSA OHNE RAST UND RUH' -- "Zack. Eine Sinfonie" mit Wolfram Koch im Schauspielhaus STUTTGART

Der Allroundschauspieler Wolfram Koch tritt in der schwungvollen Inszenierung von Jakob Fedler als Tausendsassa auf, der immer wieder in viele Rollen schlüpft. Ein großer Schrank ziert die Ausstattung…

Von: ALEXANDER WALTHER

BOMBASTISCHE WUCHT -- Bundesjugendorchester im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Das Bundesjugendorchester (Schirmherrschaft: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier) wird in wenigen Tagen auch in London auftreten. Jetzt hat es in Ludwigsburg Station gemacht. Bei Benjamin Brittens…

DIE AUSGRENZUNG DES EINZELNEN -- Uraufführung "Im Ferienlager" von Olga Bach im Kammertheater STUTTGART

Irrungen und Wirrungen in einem Ferienlager stehen im Mittelpunkt dieses neuen Stücks von Olga Bach, die auch als Juristin in Palermo Rechtsberatung für Geflüchtete macht. Zwischen Hitchcock, Chabrol…

Von: ALEXANDER WALTHER

DIE WILDEN ZWANZIGER -- Konzert des Ballhausorchesters im Kronenzentrum Bietigheim-Bissingen

Das Ballhausorchester wurde 1994 von dem Schauspieler und Sänger Peter Wittmann und dem Pianisten Horst Plössner gegründet. Das Repertoire wurde rasch erweitert und enthält heute auch Komponisten und…

Von: ALEXANDER WALTHER

DER SCHWAN VON PESARO IN VENEDIG -- 3. Liedkonzert "Ein italienischer Abend" in der Staatsoper/STUTTGART

Den Anfang dieses wunderbaren italienischen Liederabends machte die aus Brescia stammende Sopranistin Claudia Muschio, die bei Vincenzo Bellinis "La ricordanza" einfühlsam von Vlad Iftinca am Flügel…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑