Ein Maurice Ravel-Doppelabend mit dessen komödiantischem Einakter »Die spanische Stunde« (»L’heure espagnole«) und der lyrischen Phantasie »Das Kind und der Zauberspuk« (»L’enfant et les sortilèges«). Maurice Ravel, der mit einer Fülle instrumentaler Werke seinen Ruf als exquisiter Klangästhet begründete und sich im Bewusstsein der Nachwelt vor allem als Komponist des »Bolero« festgesetzt hat, erweist sich auch mit seinen beiden einzigen Bühnenwerken als ein Großmeister im Zauberreich musikalischer Stilistik.
Während »Die spanische Stunde« (UA 1911, Paris) mit musikalisch sublimierter Frivolität und jeder Menge Ironie erfrischt, entführt die ›Fantaisie lyrique‹ »Das Kind und der Zauberspuk« (UA 1925, Monte-Carlo), basierend auf einer Textvorlage der legendären Colette, in eine Traumwelt magischer Klanglichkeit, in der sich die Auftritte der zum Leben erwachenden Gegenstände und Gestalten wie einzeln ausziselierte Nummern einer zauberhaften musikalischen Parade ausnehmen.
Der kleingewachsene Feingeist Ravel soll – so wird gesagt – ein Faible für die verborgenen Nischen der kindlichen Seele und für kleine Dinge besessen haben. So finden sich in dem Kind seiner »Zauberspuk«-Oper, dessen letztes (Zauber-)Wort ein beseeltes »Maman« (»Mama«) ist, fraglos psychologische Anteile des zeitlebens alleinstehend gebliebenen Dandys, der kaum je den Tod seiner geliebten Mutter verwand.
Die drastische Eindeutigkeit der »Spanischen Stunde« hingegen, bei der die attraktive Uhrmachergattin Concepción die kurzzeitige Abwesenheit ihres erotisch uninteressanten Ehemanns für ein dringendes Stelldichein mit einem Studenten nutzen möchte, wird bei Ravel zu einem sich auf 45 Minuten erstreckenden Höhepunkt des musikalischen Parlando und Witzes. Die Mechanik der hier allgegenwärtigen, tickenden – und damit zur Eile gemahnenden – Uhren liefert dabei die Verbindung zur Mechanik des Sexualaktes. Dazu mag passen, dass am Ende weder der allzu schöngeistige, schnell in einer Standuhr versteckte Student Gonzalvo, noch der reiche Bankier Don Gomez, der ebenfalls in eine Uhr verfrachtet wird, den ultimativen Treffer landen dürfen, sondern der maskuline Kraftprotz Don Ramiro, der sich bei der sexuell unausgelasteten Uhrmachergattin spätestens beim mühelosen Schleppen der bemannten Standuhren für wichtigere Aufgaben empfohlen hat. Unter allen Liebhabern zählt am Ende eben nur der erfolgreiche …
GMD François-Xavier Roth widmet sich mit diesem Ravel-Doppelabend einem Komponisten, der ihm besonders am Herzen liegt. Dabei arbeitet er mit der jungen französischen Regisseurin Beatrice Lachaussée zusammen, die an der Oper Köln bereits mit »Jakob Lenz« und »Tagebuch eines Verschollenen«/»Sāvitri« erfolgreich war.
› Die spanische Stunde (»L’heure espagnole«) › Musikalische Komödie in einem Akt von Maurice Ravel (1875 - 1937) › Libretto von Franc-Nohain
› Das Kind und der Zauberspuk(»L’enfant et les sortilèges«) › Lyrische Phantasie in zwei Teilen von Maurice Ravel (1875 - 1937) › Libretto von Sidonie-Gabrielle Colette
Musikalische Leitung François-Xavier Roth
Inszenierung Béatrice Lachaussée |
Bühne und Kostüme Nele Ellegiers
Licht Andreas Grüter |
Chor Andrew Ollivant |
Dramaturgie Georg Kehren
»Die spanische Stunde« mit Clémentine Margaine, Jeongki Cho, John Heuzenroeder, Thomas Dolié, Tomislav Lavoie, Gürzenich-Orchester Köln
»Das Kind und der Zauberspuk« mit Marie Lenormand/Regina Richter (30.09.), Judith Thielsen, María Isabel Segarra, Dongmin Lee, Sara Jo Benoot, Maria Kublashvili, Tomislav Lavoie, Thomas Dolié, John Heuzenroeder, Chor der Oper Köln, Mädchen und Knaben des Kölner Domchores, Gürzenich-Orchester Köln
Vorstellung 30. September › 19.30 Uhr weitere Vorstellungen im Oktober