Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Nationaltheater Weimar: felicia zeller, kaspar häuser meer Nationaltheater Weimar: felicia zeller, kaspar häuser meer Nationaltheater Weimar:...

Nationaltheater Weimar: felicia zeller, kaspar häuser meer

Premiere 5. September 2010 / 20.00 Uhr / foyer III

 

Tatort Sozialbehörde: Der ganz alltägliche Wahnsinn tobt im Jugendamt.

Anika, Barbara und Silvia – drei Sozialarbeiterinnen zwischen Aktenbergen, verschimmelten Bürotassen und einem stets einsatzbereiten Stempelheer – kämpfen im Namen der Präventionsbürokratie gegen Jahresstatistiken, Dunkelziffern, Medienhetze und vor allem gegen den rasenden

Stillstand der Zeit. Seit der Kollege Björn sich in den Krankenstand geflüchtet hat, dürfen sich die drei Frauen von der staatlichen Fürsorge auch noch um dessen offene Fälle kümmern. Hoffnungslos überarbeitet und ausgebrannt ächzen sie unter der Last der Verantwortung, der Hektik des Büroalltags und haben zu allem Überdruss auch noch privat so ihre Sorgen.

 

Die alleinerziehende Mutter Anika ist Vorwürfen ausgesetzt, ihre eigene Tochter zu vernachlässigen. Kollegin Silvia hat morgens schon eine Alkoholfahne und gibt sich Selbstmordphantasien hin, während die altgediente Barbara von einer Bach-Kantate träumt, die in der Absage an die Welt gipfelt. Die bis zur Hysterie gesteigerten inneren Konflikte der drei entladen sich in einem tosenden Sprachgewitter, einer Hochgeschwindigkeits-Sprachpartitur, die schmerzhaft in unsere gesellschaftliche Wirklichkeit hineinsticht.

 

Die Autorin Felicia Zeller knüpft in ihrer Sozialgroteske an den authentischen Fall des zweijährigen Kevin aus Bremen an, der an den Folgen von körperlicher Misshandlung starb und im Kühlschrank seines Ziehvaters tot aufgefunden wurde. Doch Zeller, die in Sozialbehörden recherchiert und Fallbeispiele gesammelt hat, bringt kein realistisches Sozialdrama aus der Perspektive der Peiniger und Opfer auf die Bühne, sondern interessiert

sich für die Überforderung der Zuständigen in den Bürokratiemühlen, an die wir unsere gesellschaftliche Verantwortung delegiert haben.

 

Regie: Maik Priebe

Ausstattung: Susanne Maier-Staufen

Dramaturgie: Daniel Richter

 

mit: Petra Hartung, Ulrike Knobloch, Nina Mariel Kohler

 

Weitere Vorstellungen:

Do, 9.9.10 / 20.00 Uhr / foyer III

Di, 14.9.10 / 20.00 Uhr / foyer III

Do, 23.9.10 / 20.00 Uhr / foyer III

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 9 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

Großstadtklänge --- „Surrogate Cities“ von Demis Volpi in der deutschen Oper am Rhein

Auf der leeren Bühne finden sich nach und nach das Orchester, die Tänzer und Tänzerinnen ein. Die Solo Posaune setzt ein und der Zuschauer wird in den Trubel der Straßen einer Großstadt versetzt. Zum…

Von: von Dagmar Kurtz

RÄTSEL UM ERLÖSUNG --- Wiederaufnahme von Richard Wagners "Götterdämmerung" in der Staatsoper STUTTGART

Die verdorrte Weltesche spielt bei Marco Stormans Inszenierung der "Götterdämmerung" von Richard Wagner eine große Rolle. Gleich zu Beginn zerfällt die Wahrheit in seltsame Visionen, der Blick der…

Von: ALEXANDER WALTHER

NICHT AUF DEN LITURGISCHEN BEREICH BESCHRÄNKT --- Bruckners e-Moll-Messe und Motetten bei BR Klassik

Anders als die frühe d-Moll-Messe blieb die 1866 in Linz komponierte e-Moll-Messe nicht auf den liturgischen Bereich beschränkt. Die alten Kirchentonarten stehen bei der Messe in e-Moll von Anton…

Von: ALEXANDER WALTHER

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑