Mit an Shakespeare erinnernder Sprachgewalt schwört der Kapitän seine Mannschaft darauf ein, den sagenumwobenen weißen Wal, der ihm einst das Bein abgerissen hat, in den Meeren zu suchen und zur Strecke zu bringen.
«Ich habe ein böses Buch geschrieben», teilt Melville seinem Idol Nathaniel Hawthorne brieflich mit – und meint damit sein in vielerlei Hinsicht ausuferndes Werk «Moby Dick». Zu Melvilles Lebzeiten fand der 1851 erschienene Roman kaum Beachtung. Erst im 20. Jahrhundert, dreißig Jahre nach dem Tod seines Autors, wurde er für die literarische Moderne und als Meisterwerk neu entdeckt. Dabei ist «Moby Dick», das Buch, so einzigartig wie Moby Dick, der weiße Wal: eine Erzählung, die das Bekannte sprengt – ein Mischwesen aus Abenteuerroman, Enzyklopädie, Naturbetrachtung, philosophischer Spekulation, elisabethanischer Dramatik, biblischer Sprachmächtigkeit, nautischen Zoten und derbem Wortwitz.
Das Buch und der Wal – beide sind ein Rätsel, eine Chiffre, offen für die Deutungen der jeweiligen Jetztzeit: Ist «Moby Dick» das Drama eines Fanatikers oder vielmehr derer, die bereit sind, dem Wahngebilde eines Demagogen bis in den Untergang zu folgen? Beschreibt es eine epische Schlacht zwischen Naturgewalt und menschlichem Beherrschungswillen oder die Suche nach Sinn und Bedeutung in einem sinnentleerten Kosmos? Oder ist der Planet Erde etwa selbst wie ein Schiff im Meer des Weltalls? Aber wer zum Teufel ist dann dieser Moby Dick?
Der dem hiesigen Publikum bekannte Regisseur Stefan Pucher kehrt nach München zurück und bringt in seiner ersten Arbeit am Residenztheater Melvilles Opus magnum auf die Bühne.
Aus dem Amerikanischen von Matthias Jendis, für die Bühne bearbeitet von Malte Ubenauf
Inszenierung: Stefan Pucher, Bühne: Barbara Ehnes, Kostüme: Annabelle Witt, Musik: Christopher Uhe, Video: Chris Kondek, Dramaturgie: Ewald Palmetshofer
Mit: Patrick Bimazubute, Linda Blümchen, Felicia Chin-Malenski, Michael Goldberg, Barbara Horvath (Kapitän Ahab), Nicola Kirsch, Thomas Lettow, Florian von Manteuffel, Max Mayer, Simon Zagermann