Die „wilde“ und „unkontrollierbare“ Frau verkörpert die faszinierende Sinnlichkeit und Leidenschaft, eine Sprengkraft für männliche Ordnung, Vernunft und Kontrolle. Sexualität und Tod sind verbunden, Gift, Übellaunigkeit und Bitterkeit kommen ins Spiel und die Frau wird zur Quelle von Ärger und Verdruss. „Eine seltsame und wilde Schönheit, die man nicht vergessen kann“, und die ihren Liebhaber Don José schließlich in die Verzweiflung und zum Mord treibt.
In ihrer Inszenierung setzt sich die Regisseurin Andrea Schwalbach mit dem Thema des Femizides intensiv auseinander, mit dem Versuch, dem Narrativ, dass das Opfer halb selbstverantwortlich für seinen Mord sei, zu entkommen. Carmen bekommt viele Zuschreibungen, doch bleibt sie immer ein wenig verschwommen, ungreifbar. Am Ende bleibt sie dem Blick des Mannes und seiner Gewalt ausgeliefert. Die Inszenierung spielt mit der Erwartungshaltung der Zuschauer*innen und der Figuren selbst und lässt sie das etablierte Narrativ über die femme fatale von außen wahrnehmen. Die Erfindung einer fiktiven Figur, der Conférencier, vom Gast Bariton Laurent Arcaro gespielt, bricht die vierte Wand und zwingt uns und die Figuren der Oper selbst, die Geschichte anders zu betrachten.
Auch wenn die Oper Carmen ihr blutiges Ende voraussehen lässt, ist sie mit dem Gattungstitel opéra comique bezeichnet. Das bedeutete 1875, zur Zeit ihrer Uraufführung in Paris, allerdings nicht viel mehr, als dass das Stück für diejenige Pariser Bühne bestimmt war, auf der üblicherweise „opéras comiques“ aufgeführten wurden, also Opern, in denen zwischen den musikalischen Nummern keine gesungenen Rezitative, sondern gesprochene Dialoge vorgesehen waren. Darüber hinaus ist Carmen auch musikalisch und in der Stoffwahl weder Grand Opéra noch Operette: Auf die Bühne werden authentische Menschen gebracht, keine Kunstfiguren oder Helden, während hinter der tänzerischen Fröhlichkeit ihrer Musik Grausamkeitsdetails stecken.
CARMEN
Oper von Georges Bizet
Dichtung nach einer Novelle des Prosper Mérimée von Henri Meilhac und Ludovic Halévy
Don José, Sergeant Garrie Davislim
Escamillo, Stierfechter Johan Hyunbong Choi
Remendado Benjamin Park
Dancairo Laurent Arcaro
Zuniga, Leutnant Kihoon Yoo, StA Oscar Marin-Reyes
Moralès, Sergeant Laurent Arcaro
Carmen Wioletta Hebrowska
Micaela, ein Bauernmädchen Robyn Allegra Parton
Frasquita Katharina Sahmland
Mercédès Maria Christina Tsiakourma
Tänzer*in Milena Junge / Helena Sturm
Kinderchor Theaterkinderchor Gymnasium Paulinum
Opernchor des Theater Münster
Extrachor des Theater Münster
Sinfonieorchester Münster
Musikalische Leitung Golo Berg
Regie Andrea Schwalbach
Bühnenbild Anne Neuser
Video Sven Stratmann
Kostüme Bianca Deigner
Choreographie Rachele Pedrocchi
Choreinstudierung Anton Tremmel
Einstudierung Kinderchor Rita Stork-Herbst, Margarete Sandhäger
Dramaturgie Giulia Fornasier
Weitere Termine:
Sa. 03.02.2024, 19.30 / Mi. 28.02.2024, 19.30 / So. 03.03.2024, 16.00 / Sa. 09.03.2024, 19.30 / Mi. 27.03.2024, 19.30 / Do. 04.04.2024, 19.30 / Do. 11.04.2024, 19.30 / Fr. 19.04.2024, 19.30 Uhr