Doch ein einziger Tag bringt diese Welt zum Einsturz: Der Sohn Karl wird des Juwelendiebstahls verdächtigt und verhaftet. Die Mutter stirbt vor Entsetzen. Leonhard nimmt die Familienschande zum Anlass, die Verlobung zu lösen. Aber Klara erwartet ein Kind von ihm. Der Sekretär, Klaras Jugendliebe, der eigentlich um ihre Hand anhalten wollte, wendet sich von ihr ab, als er von ihrer Schwangerschaft erfährt. Am Leichnam ihrer Mutter hat Klara ihrem Vater geschworen, ihm keine Schande zu machen. Schließlich sieht sie keinen Ausweg mehr und stürzt sich in den Brunnen. Ihr Vater bekennt: «Ich verstehe die Welt nicht mehr!»
«Maria Magdalena» entfaltet durch die feine Konstruktion des Werkes und die artifizielle Hebbelsche Sprache eine große Sogwirkung. Regisseur Thomas Oliver Niehaus hat in seiner Inszenierung großen Wert auf sprachliche Genauigkeit und eine klare Zeichnung der Figuren gelegt. Hebbels «Maria Magdalena» gilt als letztes bürgerliches Trauerspiel und hat doch die Wucht einer griechischen Tragödie. Es zeigt Menschen in einer Welt, die im Umbruch ist, doch sie selbst sind noch der alten Welt verhaftet. Um diesen Bruch zu verdeutlichen, hat der Komponist Patrick Schimanski Volks- und Kirchenlieder neu arrangiert. Der Projektchor repräsentiert die Bürger der „mittleren Stadt“, in der Hebbel das Stück verortet hat. Sie bilden den Gegenpart zu dem Mikrokosmos der Familie Antons, die ständig unter deren Beobachtung steht – und unter der Gottes.
Thomas Oliver Niehaus und Geelke Gaycken sind ein bekanntes Regieteam am Stadttheater Bremerhaven: In der Spielzeit 2010/2011 brachten sie «König Ödipus» von Sophokles auf die Bühne des Großen Hauses und in der vergangenen Spielzeit folgte Goethes «Faust». Bei letzterer Produktion war Patrick Schimanski ebenfalls für die Musik verantwortlich.
Inszenierung Thomas Oliver Niehaus
Bühne & Kostüme Geelke Gaycken
Musik & Mitarbeit Regie Patrick Schimanski
Dramaturgie Julia Figdor
Meister Anton, ein Tischler Kay Krause
Seine Frau Isabel Zeumer
Klara, seine Tochter Meret Mundwiler
Karl, sein Sohn Martin Bringmann
Leonhard Andreas Möckel
Ein Sekretär Walter Schmuck
Adam, ein Gerichtsdiener Sebastian Zumpe
Wolfram, ein Kaufmann Kika Schmitz
Weitere Vorstellungen: 16., 25. Mai, 5., 17. & 23. Juni, jeweils 19.30 Uhr.