Mit seinem Writers Club 2017 hatte das Mainfranken Theater Würzburg Autoren, Verleger und andere Textschaffende dazu eingeladen, die Zusammenarbeit mit der Institution Theater sowie die Entwicklungs- und Fördermöglichkeiten für zeitgenössische Dramatik zu befragen. Im Ergebnis dieses intensiven Austauschs hat die künstlerische Leitung des Hauses jetzt ein neues Modell zur Förderung von zeitgenössischer Dramatik aufgesetzt, das mit Beginn des Jahres 2018 starten und den einstigen Leonhard-Frank-Preis ablösen wird.
Intendant Markus Trabusch: „Bei unserem Writers Club war es uns ein Anliegen, die Akteure selbst anzuhören. Welche Rahmenbedingungen braucht es, um als Autor erfolgreich zur zeitgenössischen Dramenliteratur beitragen zu können? Neben einer finanziellen Unterstützung als Erfordernis ist dabei insbesondere die Pflege einer intensiven Beziehung zum Theater als künstlerischer Produktionsstätte und zu dem dort arbeitenden künstlerisch-kreativen Personal als Anliegen formuliert worden.“
In der Folge steht nun ein Stipendium an der Stelle des bisherigen Leonhard-Frank-Preises. Trabusch: „Wir ersetzen einen Preis, für den viele Autoren weitgehend losgelöst vom Theaterbetrieb und auch finanziell auf sich allein gestellt gearbeitet haben, durch einen künstlerischen Prozess, in den wir als Bühne gemeinsam mit einer Autorin oder einem Autor eintreten.“
Für das erste „Leonhard-Frank-Stipendium zur Förderung zeitgenössischer Dramatik“ hat sich das Mainfranken Theater zu einer Zusammenarbeit mit Gerasimos Bekas entschlossen. Bekas hat sich als ausgezeichneter Autor und mit mehreren zur Aufführung gebrachten Dramentexten bereits einen Namen gemacht. Im Rahmen des Writers Club 2017 am Mainfranken Theater wurde sein Theaterfragment PARA PERA – Ein Stück weiter szenisch gelesen. Mit dem Stipendium soll Bekas nun die Möglichkeit erhalten, an diesem Text weiterzuarbeiten. Er setzt sich mit der Würzburger Stadtgesellschaft auseinander.
„Eine thematische regionale Verwurzelung, die auch den früheren Leonhard-Frank-Preis ausgezeichnet hat, ist uns wichtig. Das bringen wir zum Ausdruck, indem wir unser Stipendium ebenfalls nach dem Würzburger Schriftsteller Leonhard Frank benennen“, sagt Markus Trabusch. Wie zuvor die Preisvergabe werde auch das einjährige Stipendium aus Mitteln des Würzburger Theater- und Orchesterfördervereins ermöglicht, so der Intendant.
Gerasimos Bekas: „Leonhard Frank war eine unbequeme Stimme, die sich dem Zeitgeist entgegengestellt hat, ohne Rücksicht auf persönliche Nachteile zu nehmen. Und er hat seinen Blick auf Würzburg und die Welt gerichtet wie jemand, der zwar dabei ist, aber nicht dazugehört. Das macht sein Werk so erkenntnisreich und wertvoll. Der erste Träger des Leonhard-Frank-Stipendiums zu sein, ehrt mich, und ich bin voller Vorfreude auf die Zusammenarbeit. Die Möglichkeit, mit einem und nicht für ein Theater zu arbeiten, gefällt mir dabei besonders."
Über das Leonhard-Frank-Stipendium zur Förderung zeitgenössischer Dramatik
Das Leonhard-Frank-Stipendium zur Förderung zeitgenössischer Dramatik wird vom Mainfranken Theater vergeben und durch den Theater- und Orchesterförderverein Würzburg ermöglicht. Über eine Laufzeit von jeweils einem Kalenderjahr erhält eine Autorin oder ein Autor eine monatliche Zuwendung in Höhe von 500 Euro sowie eine kontinuierliche Begleitung durch das künstlerische Team der Bühne. Im Rahmen des geförderten Jahres soll eine Textarbeit entstehen, die sich auf spezifische Weise mit der Stadt Würzburg oder ihr verwandten Themen auseinandersetzt. An das Stipendium kann sich die Uraufführung des entstandenen Theatertextes in einer Spielstätte des Mainfranken Theaters anschließen.
Über Gerasimos Bekas
Der 1987 in Ostwestfalen geborene Autor wuchs in der Nähe von Würzburg auf und absolvierte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg zunächst den Bachelor in Political and Social Studies. Im Anschluss studierte er in Bamberg den Master in Politikwissenschaft. Beim Open-mike-Wettbewerb in Berlin gewann er 2014 den Publikumspreis. Zurzeit lebt er als Autor und Dramatiker in Athen und Berlin. Sein Stück Glitschgott wurde 2015 im Studio des Maxim-Gorki-Theaters in Berlin aufgeführt, sein Text G for Gademis im selben Jahr an der Experimentalbühne des Athener Nationaltheaters. Die Uraufführung seines bislang neuesten Stückes, Das große Wundenlecken, fand in der Spielzeit 16/17 am Theater Augsburg statt.
Auf dem Bild von links: Katharina Nay (Schauspieldramaturgin), Antonia Tretter (Schauspieldramaturgin), Gerasimos Bekas (Stipendiat), Markus Trabusch (Intendant und Schauspieldirektor)
© Mainfranken Theater Würzburg / Lee Hinkelmann