Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
Lukas Bärfuss: "Parzival", Hans Otto Theater Potsdam Lukas Bärfuss: "Parzival", Hans Otto Theater Potsdam Lukas Bärfuss:...

Lukas Bärfuss: "Parzival", Hans Otto Theater Potsdam

Premiere 17. Dezember ’10 › 19.30 Uhr

Nach dem Versroman von Wolfram von Eschenbach.

 

Parzival versteht die Welt, in die er gesetzt wurde, nicht. Er weiß von nichts, nicht einmal von sich selbst, und das ist nach der Überzeugung seiner Mutter Herzeloyde auch gut so, denn sie will ihn durch seine Unwissenheit vor der Wirklichkeit schützen.

Damit provoziert sie das genaue Gegenteil: Parzival bricht auf, um Ritter zu werden und endlich die Welt kennenzulernen. Er trifft auf Artus und die Ritter der Tafelrunde und schafft es, mit den dümmsten Fragen Aufmerksamkeit zu erregen. Doch man meint es gut mit ihm und lehrt ihn, was ein Ritter tun und unterlassen soll, vor allem, nicht zu viel zu sprechen, denn Ritter fragen nicht! Parzival verzichtet also auf Fragen und erschlägt den roten Ritter ungefragt. In dessen Rüstung zieht er weiter, bis er auf den kranken König Anfortas trifft.

 

Der hält in seiner Burg ein Wunder versteckt, das die Kraft hat, die Welt zu erlösen. Würde Parzival dem leidenden Anfortas die richtige Frage stellen, könnte er allen die Befreiung bringen. Aber er hat gelernt zu schweigen, und so zeigt er auch kein Mitleid mit dem greisen König. Als er am nächsten Morgen erwacht, ist Anfortas’ Gralsburg verschwunden. Parzival ist verzweifelt. Erst wenn er von seinem Ehrgeiz lässt und sich Rechenschaft über sein eigenes Wesen abgibt, können die Burg und die alles entscheidende Frage wieder vor ihm erscheinen.

 

Parzival ist die Geschichte eines amoralischen Außenseiters. »Was wollt ihr denn, ihr verdammten Menschen?« Parzivals Anklage gegen die Willkür der Regeln, die man ihn lehrt und die im nächsten Moment nichts mehr gelten sollen, steht gegen die Welt und wendet sich doch vor allem gegen ihn selbst. Parzival instrumentalisiert seine Umwelt und macht sie sich zu eigen; für ihn ist die Welt regellos, und so sollen auch für ihn keine Regeln gelten. Dieser Auserwählte kennt seine eigenen Bedürfnisse, aber keine Empathie – einen Erlöser hat man sich anders vorgestellt.

 

Der knapp 25.000 Verse umfassende »Parzival« von Wolfram von Eschenbach (1170/75–1220) gehört zu den bedeutendsten Dichtungen des deutschen Mittelalters. Der junge schweizerische Dramatiker Lukas Bärfuss, einer der profiliertesten Autoren im deutschen Sprachraum (u. a. »Die sexuellen Neurosen unserer Eltern«, »Der Bus«), schuf eine beeindruckend moderne, lakonische und dichte Fassung des Parzival-Stoffes. Die Zeitung Die Welt schrieb über Bärfuss: »Die eigentümlichen Bildwelten und die sprachliche Prägnanz seiner Texte weisen Bärfuss als einen Dichter unter den Theaterautoren aus«

 

Regie Isabel Osthues

Bühne u. Kostüme Mascha Schubert

 

Eine Koproduktion mit der Hochschule für Film und Fernsehen »Konrad Wolf« Potsdam-Babelsberg. Studioinszenierung des 3. Studienjahrs Schauspiel.

 

Es spielen die Schauspielstudenten Nadine Boske, Larissa Aimée Breidbach, Florian Denk, Sinja-Kristina Dieks, Alexander Finkenwirth (2. Studienjahr), Alexander Peiler, Kristin Suckow

Christoph Schinkel und Julian Trostorf.

 

Vorstellungen

* 18. Dezember ’10 › 19.30 Uhr

* 21. Januar ’11 › 19.30 Uhr

* 26. Januar ’11 › 19.30 Uhr

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 15 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

GLUT UND FEUER -- Jubiläumskonzert 40 Jahre Kammersinfonie im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

1984 wurde dieser für die Region so bedeutende Klangkörper von Peter Wallinger gegründet. Unter der inspirierenden Leitung von Peter Wallinger (der unter anderem bei Sergiu Celibidache studierte)…

Von: ALEXANDER WALTHER

EINE FAST HYPNOTISCHE STIMMUNG -- Gastspiel "Familie" von Milo Rau mit dem NT Gent im Schauspielhaus STUTTGART

Dieses Stück erzielte bei Kritikern zum einen große Zustimmung, zum anderen schroffe Ablehnung. Vor allem die nihilistischen Tendenzen wurden getadelt. Der Schweizer Milo Rau hat hier das beklemmende…

Von: ALEXANDER WALTHER

MIT LEIDENSCHAFTLICHEM ÜBERSCHWANG -- Richard Wagners "Walküre" mit dem Rotterdam Philharmonic Orchestra konzertant im Festspielhaus/BADEN-BADEN

Wagner hatte die Komposition der "Walküre" im Sommer 1854 begonnen, noch vor der Vollendung der "Rheingold"-Partitur. Der Dirigent Yannick Nezet-Seguin begreift mit dem vorzüglich disponierten…

Von: ALEXANDER WALTHER

AUFSTAND DER UNTERDRÜCKTEN -- "Farm der Tiere von George Orwell im Schauspielhaus Stuttgart

"Kein Tier in England ist frei!" So lautet das seltsame Motto von George Orwells "Farm der Tiere", die wie "1984" auch irgendwie eine seltsame Zukunftsvision ist. Die Tiere wie Hunde, Hühner, Schafe…

Von: ALEXANDER WALTHER

VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier Stuttgart

Eine geschickt verwobene und raffinierte Handlung präsentiert Vladislav Grakovski in seiner Inszenierung des Kriminalstücks "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano. Spannung, Humor und…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑