«Der Dibbuk in der jüdischen Tradition ist ein Geist, die sündige Seele eines Toten, die in einen lebenden Menschen hineinfährt, ihn lenkt und auch verderben kann. Ich bin seit frühester Kindheit bewohnt von Dibbuks, nicht nur von toten Seelen, mehr noch von lebenden. Körper und Seele sind durch mich hindurchgewandert, haben in mir geatmet, für mich gesprochen, und wenn einer, leer und verbraucht, mich wieder verliess oder gar in mir verweste, bin ich ausgezogen, um andere zu mir zu rufen, um meine Seelenpension ja nicht unbewohnt zu lassen.» (Luc Bondy)
Wie sind wir zu dem geworden, was wir sind? Was macht Freundschaft aus und wie hält man sich die toten und lebenden Dibbuks vom Leib, die von einem Besitz ergreifen wollen? Luc Bondy erzählt von den Verlockungen und Schrecken der Kindheit, seiner Schulzeit im streng calvinistischen Internat, von zerbrechlichen Freundschaften und dem Tod des Vaters, von Künstlerfamilien und dem Alltag eines Regisseurs. Doch sind seine Erinnerungen nichts weniger als eine Autobiographie: In wunderbaren Prosaminiaturen, ironischen Dialogen, Traumbildern und Erzählungen umkreist der berühmte Theatermacher die komischen, tragischen und aberwitzigen Momente des Lebens – die Affekte und Defekte, die das Ich ausmachen.
Luc Bondy wurde 1948 in Zürich geboren und wuchs in Südfrankreich auf. Ausbildung in Paris an der Schauspielschule des Pantomimen Jacques Lecoq. Er gilt als einer der führenden Bühnenregisseure der Welt und arbeitet an allen grossen Häusern sowohl im Schauspiel als auch in der Oper. Seit 1998 in der Leitung, seit 2002 alleiniger Intendant der Wiener Festwochen.
Im Juni 2006 wird Bondys Pariser so gefeierte wie umstrittene Botho-Strauss-Uraufführung «Viol» in Zürich zu sehen sein.