Das «Bleistiftgebiet» ist immer noch ein Land, in dem es viel zu entdecken gibt. Gegen 1910, in der Krise der Berliner Jahre, hatte Walser angefangen, seine Texte mit dem Bleistift vorzuschreiben: die Schrift ward immer kleiner, leserliche Abschriften fertigte er nur noch für die wenigen, seltener werdenden Veröffentlichungen an. Auf 256 mit verschwindend kleinen Schriftzeichen beschriebenen Zetteln, Karten und Papieren, den so genannten «Mikrogrammen», hat sich nicht nur der berühmte Räuber-Roman erhalten, sondern auch 104 Prosastücke (meist Liebesgeschichten), 114 Gedichte und 19 dramatische Szenen. Anders als in den meisten der zu Lebzeiten veröffentlichten Werke zeigt Walser in den Mikrogrammen oftmals eine dunkle und groteske Seite, treibt die Szenen und Charakterzeichnungen über die ansonsten scharf beobachteten Grenzen von Dezenz und Logik. Auch erotische Konstellationen werden anders durchgespielt, wobei zwischen den Geschlechtern gerade durch ihre bemühten Annäherungsversuche eine paradoxe, schwer zu überbrückende Distanz entsteht.
Der Regisseur Thomas Koerfer, der schon 1976 mit seiner Verfilmung des Romans «Der Gehülfe» eine Vorlage von Robert Walser inszenierte, bringt mit grossem Ensemble – darunter Jutta Lampe, Ludwig Boettger und Fritz Schediwy – Szenen wie «Die Jungfrau / Der Befreier», «Die Tallien / Bonaparte», «Das Liebespaar» und «Der Schuss. Pantomime» auf die Bühne. Hinzu kommt – als besondere Attraktion – die Aufführung von Walsers Jugendwerk «Der Teich». Walser schrieb den Einakter über den vorgetäuschten Selbstmord eines elfjährigen Knaben, als er selbst gerade 17 war. Die zahlreichen Kinderrollen des Stückes, in dem Walsers eigene Jugend aufscheint, spielen hier zum ersten Mal Kinder aus Bern in der originalen Mundart, in der Walser diesen Text geschrieben hat.