Selbst der Bauer, der zwar ein strammer Nazi ist, aber passabel Akkordeon spielt, und ein Hitlerjunge werden rekrutiert, um das Projekt umzusetzen: Die Inszenierung der Operette „Wiener Blut“ aufgeführt auf dem Weg ins Konzentrationslager.
„Suum cuique“ – „Jedem das Seine“: Der vom römischen Kaiser Justinian aufgesetzte römische Rechtsgrundsatz war folgendermaßen gemeint: „Ehrbar leben, andere nicht verletzen, jedem das Seine zubilligen.“ Die Botschaft „Jedem das Seine“, die die Nazis in monumentalen Buchstaben an der Außenseite des Lagerortes Buchenwald für dessen Häftlinge anbringen ließen, bedeutete das Gegenteil: „Hier bekommt ihr, was ihr verdient!“ – Elend und Tod. Im Frühjahr 1945 wurden etwa 100.000 ungarische Juden durch Österreich Richtung Mauthausen getrieben. Nur 20.000 überlebten. Ums Leben kamen auch jene, die von ein paar betrunkenen Nazioffizieren, die auf einem Schloss im Burgenland ein „Untergangsfest“ feierten, in einer Scheune verbrannt wurden. Doch auch die österreichische Bauersfrau hat es wirklich gegeben. Sie wurde 1968 in Israel in den Hain der Gerechten aufgenommen. In einem Interview, das sie kurz vor ihrem Tod gab, antwortete sie auf die Frage, warum sie den jüdischen Häftlingen geholfen habe: „Was hätte man denn tun sollen? Was hätte man als Mensch denn anders machen sollen?“
„Jedem das Seine“ erzählt von der vereinigenden Kraft des Theaters in den finstersten Momenten der Geschichte und wie die Musik für einen Moment die Realität aufheben kann – eine Thematik, mit der sich Sandy Lopičić immer wieder auseinandersetzt.
Peter Turrini, geboren 1944 im Lavanttal, ist als einer der meistgespielten österreichischen Gegenwartsautoren bekannt für seine gesellschaftskritischen Volksstücke, die in viele Sprachen übersetzt und weltweit gespielt werden. 2005 wurde Turrini zum korrespondierenden Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gewählt und ist Mitglied der Grazer Autorenversammlung. Bis heute gibt es von ihm an die vierzig Theaterstücke, drei Opernlibretti, fünfundfünfzig Buchausgaben, vierzehn verfilmte Drehbücher, siebzehn Hörspiele und CDs.
Die Dramatikerin Silke Hassler gab den Impuls für dieses Stück, das sie gemeinsam mit Peter Turrini 2007 schrieb. 2010 wurde das Stück unter dem Titel „Vielleicht in einem anderen Leben“ verfilmt.
Regisseur Sandy Lopičić, Musiker, Filmkomponist, Theaterregisseur und Schauspieler, lebt seit 1991 in Graz, wo er klassisches Klavier an der Kunstuniversität studierte, als Alleinunterhalter im Theatercafé auftrat und als Korrepetitor in der Ballettschule der Oper arbeitete. 1995 schrieb er die Bühnenmusik zu Wolfgang Bauers „Die Menschenfabrik“ am Schauspielhaus Graz und entwickelte mit dem Regisseur Ernst M. Binder den Balkansound zu „Black Rider“ von Tom Waits. 1999 gründete er das „Sandy Lopičić Orkestar“, das mehrere Alben aufnahm, durch Europa tourte und 2007 von der 12-köpfigen Formation „Sandy Lopičić Superstvar“ abgelöst wurde. Eine enge Zusammenarbeit verband ihn mit dem bulgarischen Regisseur Dimiter Gotscheff, mit dem er u. a. in Hamburg, Berlin, München und Salzburg vielbeachtete Inszenierungen realisierte. Seit 2003 arbeitet Lopičić auch als Regisseur, zuletzt u. a. in Maribor und St. Pölten. In den vergangenen Spielzeiten zeichnete er verantwortlich für die musikalischen Theaterabende „Trümmerfrauen, Bombenstimmung“ und „Redaktions-schluss!“.
Regie und Musik Sandy Lopičić
Bühne und Kostüme Vibeke Andersen
Licht Viktor Fellegi
Dramaturgie Karla Mäder
Mit
Ludwig „Lou“ Gandolf, Operettensänger: Andri Schenardi
Elias Rotenberg, Schneider: Rudi Widerhofer
Zsusza Breuer, Kontoristin: Anna Szandtner
Jakob König, Klavierprofessor: Helmut Stippich
Hannah König, seine Frau: Evamaria Salcher
Edvin Javor: Miloš Milojević
Raphael Glasberg, Bassist: Sašenko Prolić
Milli Moskovic, Romafrau: deeLinde
Imre Landau, Mechaniker: Raphael Meinhart
Traudl Fasching, Bäuerin: Margarethe Tiesel
Stefan Fasching, Bauer: Franz Solar
Leopoldine „Poldi“ Schrabacher, Magd: Susanne Konstanze Weber
Anton Hochgatterer, Dorfgendarm: Clemens Maria Riegler
Edi Kropfitsch, Hitlerjunge: Jojo-Maximilian Gansch
weitere Vorstellungen am 10., 14., 23. und 29. März, am 17. und 18. April 2018, jeweils 19.30 Uhr, HAUS EINS, sowie ab Mai
Tickets
T 0316 8000, F 0316 8008 1565, E tickets@ticketzentrum.at
I www.schauspielhaus-graz.com