Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
"Harper Regan" von Simon Stephens - THEATER HEILBRONN"Harper Regan" von Simon Stephens - THEATER HEILBRONN"Harper Regan" von Simon...

"Harper Regan" von Simon Stephens - THEATER HEILBRONN

Premiere am 6. Oktober 2018, 19.30 Uhr, Großes Haus

In Harper Regan werden sich viele Frauen mittleren Alters wiedererkennen. Sie arbeitet zuverlässig in einem unbedeutenden Job, hält die Familie zusammen - trotz aller Widrigkeiten, und sie stellt die eigenen Bedürfnisse hintan. Ist es das jetzt - das Leben? Diese Frage stellt sie sich höchstens heimlich. Mit „Harper Regan“ (UA 2008) erzählt Simon Stephens die Geschichte einer Frau, die vor lauter Warten auf das Leben ihr Leben an sich vorbeiziehen lässt. Doch hinter der Fassade der auf den ersten Blick unscheinbaren Durchschnittsfrau verbirgt sich ein faszinierender Mensch mit großer Kraft und einer Sehnsucht, die sich, ausgelöst durch zufällige Ereignisse, endlich Bahn bricht.

 

Wenn Harper Regan aus dem Fenster ihrer Firma schaut, dann sieht sie den Londoner Flughafen Heathrow. Sie selbst ist 41 Jahre alt, aber noch nie geflogen. Als Kind war sie mal campen in Italien. Ansonsten hat sie England nie verlassen. Sie arbeitet fleißig und gewissenhaft, jetzt liegt ihr Vater im Sterben, und sie braucht dringend ein paar freie Tage um ihn noch einmal zu sehen. Ihr Chef lehnt den Urlaubsantrag kategorisch ab. Falls es ihr einfalle, der Arbeit fernzubleiben, brauche sie nicht mehr wiederzukommen. Harper ist ratlos, denn sie ist auf den Job angewiesen, mit dem sie momentan allein die Familie ernährt. Bis vor zwei Jahren lebte sie mit Ehemann Seth und Tochter Sarah in Manchester, wo ihr Mann als erfolgreicher Architekt arbeitete. Von einem Tag zum anderen änderte sich alles wegen schwerwiegender Vorwürfe gegen Seth, die das gesellschaftliche Aus für die Familie bedeuteten. 

Sie waren gezwungen, aus ihrer Heimatstadt wegzugehen und nach London zu ziehen, wo niemand sie kennt. Bis heute weiß Harper nicht, was an den Vorwürfen dran ist. Und die Familie schweigt sich darüber aus. Noch zögert sie, das Verbot ihres Chefs zu übertreten. Aber ein herunterfallendes Stück Mauer, das sie fast erschlägt, erleichtert ihr die Entscheidung. Sie fährt, ohne jemandem Bescheid zu sagen und gerät in einen Strudel bisher undenkbarer Ereignisse, die ihre Routine aus Verdrängen und Funktionieren durchbrechen. Es sind nur zwei Tage, die sie aus ihrem Leben flieht. Als Harper von ihrer Reise nach Hause zurückkehrt, ist alles so wie früher, aber nichts mehr, wie es einmal war.

Auf „ihrem Kreuzweg auf der Suche nach sich selbst“ (FAZ) begegnen Harper Regan Menschen, die ihr aus ihrem Alltagsleben bekannt vorkommen – ähnlich wie bei Dorothy im Zauberer von Oz. Insofern haben die Doppelbesetzungen von einigen Schauspielern eine dramaturgische Funktion in dem Stück. Während Harper gegenüber den Menschen aus ihrem Umfeld nicht in der Lage ist, ihre Wünsche zu formulieren, gelingt ihr das bei den fremden „Doppelgängern“.

Simon Stephens wurde 1971 in Stockport, der Partnerstadt  von Heilbronn, geboren. Viele seiner Figuren wie auch Harper Regan stammen aus Stockport, und ein Großteil des Stückes spielt in dieser Stadt. Der Autor zählt zu den renommiertesten Dramatikern Englands. Seine Stücke wie „Motortown“,  „Port“, „Am Strand der weiten Welt“ oder „Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“ sind preisgekrönt. In der Kritikerumfrage von „Theater heute“ wurde er  seit 2006 bereits fünfmal zum besten ausländischen Dramatiker des Jahres gewählt.

Regie: Uta Koschel
Ausstattung: Tom Musch
Dramaturgie: Sophie Püschel

Harper Regan: Judith Lilly Raab
Seth Regan/James Fortune: Tobias D. Weber
Sarah Regan/Justine Ross: Malin Kemper
Alison Woolley: Sabine Unger
Elwood Barnes/Duncan Woolley: Frank Lienert-Mondanelli
Tobias Rich/Mahesh Aslam: Sven-Marcel Voss
Mickey Nestor: Anjo Czernich

Weitere Vorstellungen: 13. Oktober, 14. Oktober, 28. Oktober, 31. Oktober, 6. November,
7. November, 15. November, 8. Dezember – jeweils 19.30 Uhr
weitere Termine unter www.theater-heilbronn.de

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 18 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

VERWIRRUNG BIS ZUM SCHLUSS -- "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano im Theater Atelier Stuttgart

Eine geschickt verwobene und raffinierte Handlung präsentiert Vladislav Grakovski in seiner Inszenierung des Kriminalstücks "Es war einmal ein Mord" von Giovanni Gagliano. Spannung, Humor und…

Von: ALEXANDER WALTHER

BERÜHRENDE MOMENTE -- "Spatz und Engel" mit dem Tournee-Theater Thespiskarren (Produktion Fritz Remond Theater im Zoo, Frankfurt) im Kronenzentrum BIETIGHEIM-BISSINGEN

Edith Piaf und Marlene Dietrich stehen hier im Schauspiel mit Musik von Daniel Große Boymann und Thomas Kahry als zwei Göttinnen des Chansons im Mittelpunkt des Geschehens. Und es ist gar nicht so…

EIN ÜBERZEUGTER HUMANIST -- 5. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart in der Liederhalle Stuttgart

Das Stück "Felder...im Vorübergehen" für Streichorchester aus den Jahren 1993/94 von Bernhard Lang ist nicht so spektakulär wie seine Oper "Dora", besitzt aber durchaus charakteristische…

Von: ALEXANDER WALTHER

EIN BEWEGENDER FEUERREITER -- Liedmatinee - Verleihung der Hugo-Wolf-Medaille in der Staatsoper Stuttgart

Die New York Times bezeichnete das Liedduo Christian Gerhaher (Bariton) und Gerold Huber (Klavier) als "größte Liedpartnerschaft der Welt". Dies betonte Kammersängerin Christiane Iven in ihrer…

Von: ALEXANDER WALTHER

NEUE SPHÄREN IM LICHTKEGEL -- Sao Paulo Companhia de Danca im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

Mit der Deutschen Erstaufführung von "The Eight" gedenkt der Choreograph Stephen Shropshire des 200. Geburtstags von Anton Bruckner. In den Kostümen von Fabio Namatame erklingt das Finale von…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑