Aufgrund der Corona-bedingten Schließung der Hamburger Kulturinstitutionen ist auch die Kunsthallen-Ausstellung mit einer verlängerten Laufzeit bis zum 24. Mai 2021 derzeit nur digital über zahlreiche Online-Angebote zu entdecken. Die unwirklich menschenleeren Räume einer Ausstellung mit Werken voller Rätsel und Geheimnisse nutzen die Schauspieler*innen und Musiker*innen als Bühne einer magischen Wirklichkeit. Das Kooperationsprojekt trägt den Namen Im Gehirn des Kindes – bezogen auf eines der Hauptwerke der Ausstellung: Das Gehirn des Kindes. Entstanden sind insgesamt sieben Filme.
Das Deutsche SchauSpielHaus produziert vier Videos, die allesamt in der Ausstellung gedreht wurden. Im ersten Video unter dem Titel Wir Metaphysiker durchtanzt Giorgio de Chirico die Räume seiner Vorläufer und erklärt seinen Standpunkt in der Geschichte der Welt. Im Video Das größte Schwergewicht träumt eine Aufsicht eine Welt hinter den Bildern (und hat eine Erscheinung) und in Über Ich zelebrieren zwei seltsame Eindringlinge ein Interview Giorgio de Chiricos unter neuen Vorzeichen. Das vierte Video Das Rätsel der Ankunft zeigt die Suche zweier rastlos Reisender nach dem Ausgangspunkt. Was war nochmal der Auftrag?
Das Thalia Theater erweitert die surrealen Bilderwelten der Ausstellung in die Stadt hinein. Drei Besucher*innen schauen die Bilder von Giorgio De Chirico an. Sie rennen in Rekordzeit durch die Kunsthalle, raus auf den Platz, rein ins Thalia Theater. Sie tanzen zur Musik von Alberto Savinio. Klänge, Bilder und Architektur, Betrachter*innen und Betrachtetes schieben sich ineinander – magische Wirklichkeit.
Das Ensemble Resonanz versetzt de Chiricos Bildwelten auf die urbane Bühne und webt sie in Musik von Anton Webern und Cassandra Miller ein: Die heiligen Fische gehören in die Küche des Bistro Carmagnole; dort erweitert sich de Chiricos metaphysisches Stillleben um eine surrealistische Szenerie aus kreisendem Tanz und schwebenden Stimmen. Und wenn die Musiker*innen mit dem Troubadour im Millerntorstadion spielen, schließen sie an de Chiricos Logik der gestörten Ordnung an, die eine magische Energie zu Tage bringt.
Der italienische Künstler Giorgio de Chirico gilt als der Begründer der pittura metafisica und wurde zu einem der wichtigsten Vorläufer des Surrealismus und der Neuen Sachlichkeit. Im Zentrum der groß angelegten Schau der Hamburger Kunsthalle steht mit der metaphysischen Malerei die bedeutendste Werk-gruppe, die de Chirico schuf. Die ikonischen Bilder von sonnendurchfluteten, leeren Plätzen, in denen die Zeit still zu stehen und das scheinbar Alltägliche mit einer neuen Bedeutung aufgeladen scheint, wirken heute besonders eindringlich und aktuell. Insgesamt versammelt die Schau über 80 Meisterwerke aus über 50 Sammlungen weltweit von de Chirico, Carlo Carrà, Giorgio Morandi, Alberto Magnelli, Alexander Archi-penko, Pablo Picasso sowie von Arnold Böcklin und Max Klinger.
Auf der Website der Hamburger Kunsthalle werden alle Videos ab ca. Mitte April 2021 gebündelt präsentiert – schon jetzt sind hier drei Videos online abrufbar. Jeweils eine Arbeit ist ab sofort auch bei den beteiligten Institutionen über deren Websites zu erleben – weitere Videos werden auch dort sukzessive einge-stellt.
Beteiligte Künstler*innen
SchauSpielHaus: Wir Metaphysiker: Maximilian Scheidt mit Rolf Bach, Josefine Israel und Samuel Weiss; Das größte Schwergewicht: Ute Hannig mit Maya Franzius, Georg Gaisler, Leni Jarrs, Oleksandra Kolomiets und Helene Wörn; Über Ich: Ute Hannig und Ruth Maria Kröger; Das Rätsel der Ankunft: Eva Bühnen, Ruth Maria Kröger und Sasha Rau. Alle Beiträge von Max Pross und Benjamin Hassmann; Ralf Fiedler (Dramaturgie).
Thalia Theater: Sandra Flubacher, Toini Ruhnke und Çağlar Yiğitoğulları (Darsteller*innen), Nadin Schumacher (Regie), Rasmus Rienecker (Kamera, Ton, Schnitt), Jonas Plümke (Kamera), Luca Kowalinksi (Ton) und Matthias Günther (Dramaturgie).
Ensemble Resonanz: Juditha Haeberlin (Violine), Swantje Tessmann (Viola), Benjamin Spillner (Violine) und Lea Tessmann (Violoncello); Lilli Thalgott (Filmische Umsetzung); Karola Parry (Tonmeisterin). Herzlichen Dank an Alvaro Pina Otey (Bistro Carmagnole) und den FC St. Pauli sowie Nadin Schumacher und Matthias Günther (Thalia Theater).
Projektkoordinatorin und Kuratorin sowie Projektleiterin der Ausstellung der Hamburger Kunsthalle
Dr. Annabelle Görgen-Lammers
Wissenschaftliche Assistenz: Sjusanna Eremjan