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GOMORRA von Roberto Saviano und Mario Gelardi im Maxim Gorki Theater Berlin

Premiere am Donnerstag, 15. Oktober 2009, um 20.15 Uhr, im Gorki Studio

 

Wenn es am 22. September 2009, dem 30. Geburtstag von Roberto Saviano, keine Party zu Ehren des erfolgreichsten italienischen Schriftstellers der letzten Jahre gibt, dann deshalb, weil Roberto Saviano mitten in Europa zum Tode verurteilt worden ist.

 

 

Das Urteil wurde von den Clanchefs der Camorra gefällt, die Urteilsbegründung lautet auf nachhaltige Geschäftsschädigung. Denn mit seinem Buch „Gomorrha“ stellte Saviano die Systemfrage. Saviano porträtiert die Camorra als globalen Konzern, dessen Strategie die Auflösung der Grenzen zwischen legaler Wirtschaft und Kriminalität ist. Die süditalienische Camorra mischt mit im internationalen Drogenhandel, verschiebt Giftmüll in Italien, macht gewaltige Geschäfte mit der Herstellung billiger wie hochwertiger Textilien, hat praktisch das Monopol auf den Handel mit Zement und – dem Welthandel sei Dank – Geschäftsbeziehungen, die bis nach Deutschland, Schottland oder China reichen.

 

Eine Entflechtung des „Systems“ (so nennen die Camorristen ihre Firma selbst) scheint aussichtslos. Die Camorra repräsentiert nicht mehr den Ausnahmezustand, die Kriminalität als anarchistische Revolte gegen ein spießiges System. Sie ist ein Staat geworden, der die Logik des Kapitalismus konsequent zu Ende denkt.

 

In seiner mit Saviano gemeinsam erarbeiteten Theaterfassung stellt Mario Gelardi die Figur „Roberto“ ins Zentrum, die das Publikum mit auf eine Reise durch das Wirtschaftsimperium der Camorra nimmt. Anhand von den kleinen Geschichten der Mitmacher und Opfer wird das zerstörerische Universum sichtbar. Peter Kastenmüller greift diese Struktur, die an die Erzähltechnik von Dantes „Göttlicher Komödie“ erinnert auf, und destilliert in seiner Inszenierung Bilder über die destruktive Kraft der Gewinnsucht, die eine Kultur der Entwertung ist: Entwertung von Arbeit, Waren, Menschenleben und der Landschaft. Der Autor der Bühnenbearbeitung, Mario Gelardi, fasste das im Gespräch mit dem Ensemble so zusammen: „Sie haben uns unsere Hoffnung genommen, die Hoffnung, dass sich jemals etwas ändern kann.“

 

Das Theaterstück „Gomorra“ ist eine Bearbeitung und Weiterentwicklung der literarischen Vorlage. Die Uraufführung der Theaterfassung von Mario Gelardi fand am 29. Oktober 2008 in Neapel, Teatro Mercadante, statt.

 

Roberto Saviano, geboren 1979 in Neapel, studierte Philosophie an der Universität Neapel. Nach dem Abschluss arbeitete er als Journalist für die Tageszeitungen "Corriere del Mezzogiorno" und "Il Manifesto" sowie das Wochenmagazin "L`Espresso". Gleich für sein erstes Buch „Gomorrha. Reise in das Reich der Camorra“ gewann er 2006 sowohl den Giancarlo Siani-Preis als auch den Viareggio Repaci-Preis für Literatur. 2008 wurde „Gomorrha“ verfilmt und Saviano erhielt im selben Jahr den Europäischen Filmpreis für das beste Drehbuch sowie den Preis der Frankfurter Buchmesse für die beste internationale Literaturverfilmung. Im September 2009 erhielt er den Leipziger Medienpreis. „Gomorrha“ löste nicht nur in Italien eine breite Diskussion über die weltweite Macht der Camorra aus. Saviano erhielt Morddrohungen und lebt seitdem unter Polizeischutz.

 

Regie: Peter Kastenmüller,

Bühne: Michael Graessner,

Kostüme: Nadine Grellinger,

Video: Tobias Yves Zintel,

Dramaturgie: Ludwig Haugk

 

Es spielen: Hilke Altefrohne, Anika Baumann, Horst Kotterba, Gunnar Teuber, Haydar Yilmaz

 

 

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