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"Fussballspieler und Indianer" in Berlin

Premiere am Montag, 29. Mai 2006 um 20. Uhr im Ballhaus Ost, Pappelallee 15.

Ein eStück von Melchior Vischer in einer Fassung von Stephan Müller und Sascha Löschner. Unterstützt vom Maxim Gorki Theater Berlin

Auch Indianer schwitzen! Fußball und Hochkultur scheinen momentan durch die öffentliche Förderung in einer Mesalliance vereint, die keine Gewinner kennt. Der Fußball geht noch am wenigsten beschädigt aus dieser Unvernunft-Ehe hervor. Dagegen zeichnen sich beim Partner Kultur durch die Anstrengung der Affirmation die Schweißränder deutlich ab.

Vampiristisch mahlt sich die Megamaschine der WM-Vermarktung durchs Gelände und schluckt alles, was sich rund machen lässt. Wirklich alles? Nein! Im Ballhaus Ost lässt eine kleine Schar Aufrechter die Luft aus dem Ball – und inszeniert abseits der Förderung das wohl beste deutsche Stück zum Thema Fußball mit modernem Ausdruckstanz, Schauspiel und Live Music.

Der Dadaist Melchior Vischer landete mit seinem 1926 in Darmstadt uraufgeführten Text einen Coup, den auch Brecht zu würdigen wusste. „Fußballspieler und Indianer“ ist nach Vischers eigener Aussage „Für die alte Welt eine Tragödie – Für die neue Welt eine Komödie und umgekehrt.“ In 8 Bildern entfaltet sich das Panorama einer Welt, in der sich alles um Fußball, Frauen, das große Geschäft und die Sehnsucht nach (welchem?) Ursprung dreht. Der junge Zuhälter und Freizeitkicker Bill Week wird auf einer Börse an einen Profi-Verein verkauft und erlebt die geliebte Welt seiner Freizeitbetätigung aus einer gänzlich neuen Perspektive. Dem Outlaw und Anarchisten misshagt die Geschäftsmäßigkeit des Profi-Fußballs. Ein Mann ist mehr als die Schusskraft seines Fußes! Der Verzicht auf die Genüsse der Welt (Wein, Weib, Gesang) und der Zynismus der Geschäftswelt widern ihn an – und faszinieren ihn zugleich. Warum geht er durch das geschlossene Fenster? Weil die Tür offen stand!

Das Stück ist ein früher Globalisierungstext, der Aufriss einer Welt, die vom Geld regiert wird und doch mehr will als Geld, formuliert die Hoffnung, dass nicht alles kaufbar ist und die Gewissheit, dass es das doch ist.

Künstlerische Leitung Stephan Müller und Sascha Löschner

 

Choreographie Be van Vark und Britta Pudelko Musik Daniel Regenberg

Bühne Tatjana Lysenko Kostüme Alexandra Bentele

Mit Achim Schelhas, Frank Karpa, Maria Kwiatkowský, Henryk Antoni Opiela, Frank Witter, Maximilian Brauer, Nina Wehnert, Esther Quade, Christina Müllenmeister, Sahra Huby, Barbara Gamper

 

 

Weitere Vorstellungen am 31.5, 10.,11.,18.,19.6. um 20 Uhr; am 9.6. um 21 Uhr.

 

www.ballhausost.de

 

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