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Freiheit bis in den Tod

"Carmen" von Georges Bizet in der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf-Duisburg

Copyright: Hans Jörg Michel

Leidenschaft, Eifersucht und unbändiger Freiheitsdrang, das sind die Ingredienzien von Georges Bizets Oper "Carmen", die aufgrund ihrer Erzählstruktur und der eingängigen Musik zu einer der beliebtesten Opern zählt. Carmen ist eine Frau, die sich keiner Regel und keinem Menschen unterwerfen will und, statt ihre Freiheit einzuschränken, lieber den Tod wählt. Don José ist derjenige, der all sein Handeln von der Eifersucht dirigieren lässt. Sevilla ist der Handlungsort und so gibt es auch reichlich folkloristische Elemente, angefangen vom Zigeunerleben, über den Flamenco bis zum Stierkampf.

Kann man diese Geschichte überhaupt neu erzählen? Carlos Wagner versucht dies in seiner Inszenierung, die derzeit an der Deutschen Oper am Rhein zu sehen ist und zuvor schon an der Opéra National de Lorraine gezeigt wurde. Francisco Goya stand Pate für das Bühnenbild und zwar nicht die heiteren Gemälde seiner Frühphase, sondern die alptraumhaften "Caprichos" und die düsteren Grafiken der "Desastres de la Guerra". Das sollte als Ausgangspunkt für ein klischeefreies Bild von Spanien dienen. In den ersten Bildern gelingt Carlos Wagner ein solches noch, dann erliegt seine Regie voll und ganz den folkloristischen Verführungen. Da wird eben doch eine volle Flamenco-Session abgehalten, werden ausführlich Stierkampfposen nachgeahmt, dann verdingt sich der arme Don José noch als Metzger, der die in der Arena erlegten Stiere durch die Gegend fahren darf, um schließlich und endlich Carmen mit einem Stierkopf aufzuspießen. Klischeefrei ginge anders, wenn man das überhaupt hinbekommen könnte, bei den textlichen und musikalischen Vorgaben! Die einzige Abwandlung, die sich Wagner erlaubt, ist die Art des Schmuggels, die bei ihm als Menschenschmuggel angedeutet wird.

Bis auf Micaëla, die seltsam unbeteiligt ist und als Kontrastfigur zu Carmen in ihrer ursprünglich angelegten unschuldigen Reinheit hier wenig taugt, sind alle Figuren comme il faut. Nichtsdestotrotz ergeben sich stimmungsvolle Bilder - hier kommt die ausgezeichnete Lichtregie zum Tragen - und die gesanglichen Leistungen sind bis in die Nebenrollen überzeugend, wobei besonders Arnold Rutkowski als Don José, Alma Sadé als Frasquita und Geneviève King als Mercédès hervorzuheben sind. Und da es doch eher eine klassische Inszenierung war, zollte das Publikum stürmischen Beifall.

Don José: Arnold Rutkowski

Escamillo: Richard Sveda

Remendado: Johannes Preißinger

Dancaïro: Daniel Djambazian

Zuniga: Günes Gürle

Moralès: Dmitri Vargin

Carmen: Isabelle Druet

Micaëla: Elisabeth Selle

Frasquita: Alma Sadé

Mercédès: Geneviève King

Tänzerin: Anna Roura-Maldonado, Michèle Lama, Carmen Mar Canas Salvador, Irina Castillo

Tänzer: Joeri Burger, Alexeider Abad Gonzales, Michael Schuldt, Jonas Tilly, Victor Villarrea

Leitung Kinderchor: Justine Wanat

Chor: Chor der Deutschen Oper am Rhein

Kinderchor: Düsseldorfer Mädchenchor

Orchester: Düsseldorfer Symphoniker

Musikalische Leitung: Christoph Altstaedt

Inszenierung: Carlos Wagner

Bühne: Rifail Ajdarpasic, Kostüme: Patrick Dutertre

Licht: Fabrice Kebour

Chorleitung: Gerhard Michalski

Choreographie: Ana Garcia

Premiere

15.10.2011 - Theater Duisburg

04.12.2011 - Opernhaus Düsseldorf

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