Die junge Regisseurin Karoline Kunz lässt auf der Bühne Menschen aus unterschiedlichen europäischen Nationen zusammentreffen. Doch statt sich untereinander zu verstehen und langsam zu einem Europa zusammenzuwachsen, liefern sie sich aber aberwitzige Wortgefechte über das kulturelle Erbe Europas, Kathedralen, Russenhass und Parmaschinken. Die Frage, wie der vielbeschworene Zusammenhalt der Nationen gesteuert werden soll, wenn die Angst vor Entindividualisierung und Vorurteile noch immer den Kontinent beherrschen, weiß keiner wirklich zu beantworten.
So heißt es dann auch bei Tom Lanoye: »Dieser Kontinent ist kein Kontinent, er ist eine Kultur. Und deren Wesen ist der Mensch. Der Europäer hat – von den Griechen bis zu Vesalius und Galilei – den Menschen entdeckt. Als erster und einziger. Den Menschen im Kosmos, den Menschen unterm Mikroskop. Der Europäer ist der mündige Mensch, der weiß, dass Wissen, Würde und Einsamkeit zusammengehören. Was wäre die Welt oh-ne unsere Wissenschaft? Was wäre die Welt ohne uns? Meine besten Kollegen weltweit sind Japaner. Wenn sie nach Hause gehen, sind sie Japaner. Wenn sie ins Labor kommen, werden sie Europäer. Sie geben das selbst zu – und begründen das nicht mal mit der Atombombe.
Die drei großen Religionen – die Jahwes, Jesus' und Mohammeds – sind alle in der Wüste entstanden. Ihr Ausgangspunkt ist nicht das Leben, sondern das Überleben. Darum ihr Patriarchat. Frauen geben Leben weiter, Männer verteidigen es bis zum letzten Atemzug. Das wahre Europa hat alles, aber keine Wüste. Die Wüste verbildet den Menschen. Die Wissenschaft befreit ihn. Die europäische Wissenschaft. Eine andere gibt es nicht. Europa ist ein Matriarchat, kolonisiert von drei patriarchalen Religionen. Darum liegt Europa nicht mehr in Europa.«