Fulminant eingeläutet wird der Abend durch den „Grand Pas Classique“ des russischen Choreografen Victor Gsovsky, der bisher nur einmal als eine Art „Vorspann“ zur Premiere des Ballettabends „Himmlisch weiß“ in Dresden gezeigt wurde. Als virtuoses Meisterstück für die französische Tänzerin Yvette Chauviré kreiert, ist der 1949 in Paris uraufgeführte „Grand Pas Classique“ eine wahre Huldigung an den klassischen Tanz mit seinem Charme, seinem Esprit und seiner Eleganz. Auf Musik von Daniel François Esprit Auber geschaffen, ist dieser Pas des Deux ein Meister¬stück von hoher Virtuosität.
Ironie ist das Stichwort des Forsythe-Stückes „The Vertiginous Thrill of Exactitude“, das seine Liebhaber schon im Forsythe-Ballettabend der vergangenen Saison fand. Sublime Schwindelgefühle entwickeln sich beim Betrachten dessen, was der Choreograf an Fantasie zu Schuberts C-Dur Symphonie entwickelte. Die Ballerinen jagen in virtuosester Klassik-Manier über die Bühne, ihre Schritte und Figuren sind gespickt mit Finessen und Kunststückchen par excelence. „Vertiginous Thrill“, dieses Bravourstück von der „Schwindelerregende Lust an der Genauigkeit“, ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine perfekte Stilübung in Sachen neoklassisches Ballett.
In seinem abstrakten Ballett „Vertigo Maze“, dem „geheimnisvolle Labyrinth“, schuf der Choreograf Stijn Celis die Spannung zwischen den Körpern, ihren Bewegungen und dem wenig greifbaren, aber präsenten Labyrinth der menschlichen Seele. Zur überirdisch schönen Musik von Johann Sebastian Bachs „Ciaccona für Violine Solo und vier Stimmen“ aus seiner „Partita d-Moll“, fragt der belgische Choreograf und Bühnenbildner nach Freiheit inmitten von Restriktionen. Noch nie, so der amtierende Ballettdirektor des Stadttheaters Bern, habe er die Schönheit des Körpers so ins Zentrum einer Choreografie gestellt.
Als der heutige Dresdner Hauschoreograf David Dawson im Frühjahr 2005 seine Choreografie „Reverence“ als Uraufführung für das legendären Mariinsky-Theater schuf und sich mit seinem Werk vor der besonderen Tradition und Geschichte dieses Tempels der Tanzkunst verbeugte, kam dies in der Tanzwelt einer Sensation gleich. Im März 2006 folgte die Honorierung mit der „Goldenen Maske“, Russlands höchstem Theaterpreis für darstellende Künste. Zu den fragilen Klängen von Gavin Bryars Streichquartett Nr. 3 ist dieses Sextett für drei Paare eine abstrakte und überaus leidenschaftliche Choreografie mit gefühlsbetontem, sentimentalen Flair. Die dunkle Bühne erzeugt eine schwebende, ätherische Welt, in der die Tänzer wie aus dem Nichts erscheinen und entschwinden.
Kostenlose Stückeinführungen (außer zur Premiere) finden 45 Minuten vor Beginn der Vorstellungen im Kellerrestaurant der Semperoper statt. (29.April/2./9./11./13.Mai 2007)