Als das Thema weitereilt, fährt ein herber Trompetenruf dazwischen. Im zweiten Satz stellt Mahler dann das Gewordene dar. Das Idyll "Was mir die Blumen erzählen" dirigiert Cornelius Meister mit nie nachlassender Emphase und großer Sensibilität. Man hört förmlich heraus, wie der Sturmwind Blätter und Blüten schüttelt. Das Scherzo "Was mir die Tiere im Walde erzählen" trifft Cornelius Meister als Dirigent ebenfalls sehr präzis. Das heitere Musizieren erinnert an den Kuckuck, der sich zu Tode gefallen hat. Man hört Vogelrufe um das volksliedhaft schlichte Thema. Der idyllische Charakter verstärkt sich nochmals im Trio, wo das Posthorn eine gefühlvolle Volksweise bläst. Cornelius Meister vermeidet jedoch störende Biedermeierromantik. Die Tierepisode tritt wieder in den Vordergrund, als noch einmal das Posthorn ertönt. Gefühlvoll kosten die Streicher das Volksliedglück aus.
Die versierte Altistin Stine Marie Fischer gestaltet mit warmem Timbre sehr ausdrucksstark mit Nietzsches Worten das Lied vom Leid bei "Was mir der Mensch erzählt" im langsamen vierten Satz. Sie singt schmerzlich vom Weh der Welt, von ihrer "Lust, tiefer noch als Herzeleid". Weich und warm lässt Cornelius Meister diese Melodie aufblühen. Knaben- und Frauenchor des Staatsopernchors Stuttgart (Einstudierung Bernhard Moncado und Manuel Pujol) fallen in erfrischender Weise zu Bim-bam-Glockenklang ein mit den Versen des "Wunderhorn"-Liedes "Es sungen drei Engel einen süßen Gesang", die Paul Hindemith übrigens später im "Mathis" verwendete. Jesu Worte an den reuigen Sünder Petrus rücken ergriffen in ein jenseitiges Licht. Meister vermeidet auch hier alle Sentimentalität, findet den richtigen Ton.
Am besten gelingt dem Ensemble der sechste Satz "Was mir die Liebe erzählt", der träumerisch-entrückt klingt. Die satte Streichermelodie breitet sich leidenschaftlich aus. Alle seelischen Stürme sind überstanden. Bei Meister triumphiert lichte Harmonie, die Paukeneinsätze wirken ekstatisch. Jubel, "Bravo"-Rufe und Begeisterung im ausverkauften Beethovensaal.