Das Dasein in der Provinz ist für die Schwestern demgegenüber von Leere und Langeweile bestimmt, noch dazu in einer spießbürgerlichen und selbstgenügsamen Umgebung. Der junge Bruder bleibt ihre letzte Hoffnung, denn er könnte Professor in Moskau werden. André aber verliebt sich in die hiesige Natascha, die einzige, die sich ihr Glück zu sichern weiß. Sie macht mit André ein gute Partie, bekommt zwei Kindern, übernimmt mehr und mehr das Regiment im Haus und leistet sich sogar einen Liebhaber - während Andrés Leben in Banalität und Apathie erstickt. Den Schwestern bleibt als unterhaltsame Abwechslung nur die Begegnungen mit dem Offizierskorps, aber auch alle Beziehungen, die sich hier andeuten, zerschlagen sich.
So wird jedes Schicksal Zeugnis einer Tragödie der falschen Illusionen. Die Ansprüche der Schwestern leiten sich ab aus den Idealen einer untergehenden Gesellschaft, die an der Realität nur scheitern kann. Ihr Blick in die Zukunft ist ein Blick zurück in die Vergangenheit, die Zeit bleibt stehen, weil die Menschen sich der Zeitläufe nicht stellen und in Melancholie erstarren. "Wir haben weder Nah- noch Fernziele, unser Herz ist wie leergefegt. Wir haben keine Politik, an eine Revolution glauben wir nicht, wir haben keinen Gott, haben keine Angst vor Gespenstern, ich persönlich habe nicht einmal Angst vor dem Tod oder dem Erblinden. Ob dies eine Krankheit ist oder nicht - es geht nicht um die Bezeichnung, sondern um das Eingeständnis unserer Lage." In Tschechows Zeit wird seine Zeitgenossenschaft für uns zu analysieren sein. Andreas Kriegenburg, der Regisseur der Orestie und der Nibelungen, beschäftigt sich zum ersten Mal mit einem Stück von Anton Tschechow.
Andreas Kriegenburg 1963 in Magdeburg geboren, ist Oberspielleiter am Thalia Theater in Hamburg. Er hat an den Münchner Kammerspielen "Orestie" (eingeladen zum Berliner Theatertreffen 2003) und zuletzt "Die Nibelungen" (Theatertreffen 2005) inszeniert, für die er den begehrten Nestroy-Preis als beste deutsche Inszenierung des Jahres 2005 erhielt. Andreas Kriegenburg beschäftigt sich zum ersten Mal mit dem Dramatiker Anton Tschechow.
Mit: Oliver Mallison, Tanja Schleiff, Annette Paulmann, Sylvana Krappatsch, Katharina Schubert, Paul Herwig, Bernd Grawert, Bernd Moss, René Dumont, Jean-Pierre Cornu, Stefan Merki, Walter Hess.
Regie und Bühne: Andreas Kriegenburg
Kostüme: Andrea Schraad
Dramaturgie: Marion Tiedtke
Musik: Laurent Simonetti
Licht: Jürgen Tulzer