In der Eingangsszene von "Double Deux", einer Choreografie des Schweizers Gilles Jobin, wirbeln sechs Tänzerinnen und sechs Tänzer fast zehn Minuten scheinbar ungeordnet zu lauten Technobeats in einem atemberaubenden Tempo über die Bühne. Körper rollen und strecken sich, fallen um, gleiten durch den Raum. Eine Masse von Individuen, die sich anzieht und abstößt, so lange bis man sich zum Duo zusammenfindet. Die intensive Begegnung und gegenseitige körperliche Erkundung dieser Paare scheint jedoch von einer latenten Aggression gekennzeichnet. Selbst bei einer doch eigentlich Nähe erzeugenden Rückenklopfmassage wird der Kopf geschützt. Die Aggression entlädt sich schließlich in minutenlangen, wechselseitigen Ohrfeigen und führt dann zu neuer - erfolgloser – Partnersuche. Der Versuch, sich näher zu kommen, scheitert. Man ist wieder allein. Stumme Schreie der Verzweiflung und von seelischem Schmerz gekrümmte Körper drücken das verzweifelte Unglück einer nicht gelingenden Nähe aus. In einer beeindruckenden Schlussszene finden die einzelnen Tänzer dann doch noch in ihrem Schmerz zu Paaren und Gruppen zusammen. Die Körperbewegungen werden wie in den Videos Bill Violas in Zeitlupe ausgeführt. Das in gleißendes Licht getauchte Schlussbild erinnert sowohl an das in öffentlichen Medien ausgebreitete Bildmaterial von traumatisierten Personen wie in seiner Dramatik auch an Darstellungen in der Malerei etwa von Munch oder Gericault.
Choreographisch vollzieht sich auf der Bühne eine allmähliche Entwicklung vom rasend schnellen Tempo des Anfangs über langsamere Bewegungen bis zur Zeitlupe und völligem Stillstand am Schluss. Das wird unterstützt durch den ruhiger werdenden Rhythmus der Musik von Christian Vogel und konterkariert durch die Ausleuchtung der Bühne von anfangs sehr dunkel bis zum gleißend hellen Licht des Endes entsprechend dem Bühnengeschehen. In "Double Deux" findet Gilles Jobin faszinierende Bilder für die Beziehungen zwischen Individuen und ihren Körpern, ihr Duell und ihren Dialog, das verletzte Individuum und die verwundete Seele.