So flüchtet er aus dieser Gesellschaft, nachdem er seinen Heimatort Mittenberg verlassen hat, um an der Kunsthochschule in Berlin zu studieren, aber nicht aufgenommen wird. Er zieht sich in eine Laube zurück und entdeckt dort bei der Lektüre von Goethes Die Leiden des jungen Werthers, dass er mit diesem berühmtesten aller Liebeskranken einiges gemeinsam hat...
Seit zwanzig Jahren gibt es die DDR nicht mehr, doch das Stück des vor 1 ½ Jahren verstorbenen Ulrich Plenzdorf ist heute noch so aktuell wie bei seinem Erscheinen Anfang der 70er Jahre. Natürlich ließen sich die Probleme des Helden vor dem damaligen historischen Hintergrund besonders prägnant darstellen – und doch sind es die gleichen Leiden, an de-nen Jugendliche in aller Welt heute wie eh und je kranken: Liebe, die als Eifersucht schmerzt und ein gestörtes Verhältnis zur Mitwelt.
Auch der „neue Werther“ liebt eine verlobte, später verheiratete Frau namens Charlotte, die er nicht wie sein Vorgänger Lotte, sondern 'Charlie' nennt – und Edgar kämpft um seine Freiheit, stürzt sich freimütig in Konflikte und fühlt sich abgrundtief unverstanden: „An einem Tag war ich auf den Gedanken gekommen, was gewesen ist, wenn ich eines Tages abkratzen müsste. Ich meine, was ich dann vom Leben gehabt hätte. Den Gedanken wurde ich einfach nicht mehr los.“ Kein Problem, sich in dieser aktuali-sierten Werther-Story wiederzuerkennen. Selbst wenn man keine 17 mehr ist.
Inszenierung: Andreas Kloos;
Ausstattung: Beatrice von Bomhard
mit: Hella-Birgit Mascus (Die Mutter/Die Chefin des Kindergartens/Die ABV/Die Bootsverlei-herin), Laina Schwarz (Charlotte/Die Freundin des Vaters); Sebastian Brummer (Edgar), Stephan Clemens (Dieter/Kindergartenkind 2), Guido Fuchs (Der Vater), Patrick Heppt (Wil-li/Jonas/Kindergartenkind 1), Ben Jung (Addi/Kindergartenkind 3), Kay Krause (Zaremba/Der Schrapperfahrer/Kindergartenkind 4), Günter Pirow (Meister Flemming/Der Professor/Der Techniker); Band „Die Steher“: Sebastian Brummer, Stephan Clemens, Patrick Heppt