Der Zuschauerraum ist durch einen schwarzen Vorhang von der Bühne abgeteilt, der Zuschauer muss sich dieses Mal selbst auf die verdunkelte Bühne begeben und wird so zum Teil der Inszenierung. Lia Rodrigues beschäftigt sich in ihrem Stück "For the sky not to fall" ausgehend von der brasilianischen Kultur mit der Frage, wie sich der Mensch zur Natur verhält. Ausgangspunkt ist die Voraussage eines Schamanen des Volkes der Yanomami, der einen baldigen Einsturz des Himmels verkündet, ein Szenario, das auch der übrigen Welt angesichts des Klimawandels und der maßlosen Ausbeutung der terrestrischen Ressourcen nicht unbekannt ist.
Es duftet schon stark nach Kaffee, bevor das Stück überhaupt beginnt. Dann tauchen aus dem Dunkeln plötzlich die Tänzer und Tänzerinnen auf, fangen an, sich auszuziehen und bestäuben sich mit gemahlenen Kaffeebohnen, bis sie sich in Urgestalten verwandelt haben. Durch die Zuschauermengen bahnen sie sich huschend ihren Weg und verharren immer wieder in unmittelbarer Nähe, um einen einzelnen Zuschauer gebannt anzustarren, oder sogar eine Gruppe einzukesseln, was auch körperlich als unangenehm empfunden werden kann. Der Zuschauer wird zum Eindringling in eine fremde Welt. Wie einem geheimen Ritus folgend bestäuben sie sich mit Mehl, beschmieren sich mit roter Farbe oder bemalen sich mit Kurkuma. Schließlich drängen sie die Zuschauer zur Seite, formieren sich zu einer Gruppe, und beginnen einen Tanz, dessen rhythmisches Stampfen sich bis zur Ekstase steigert.
In dieser beeindruckenden Inszenierung werden alle Sinne angesprochen und der Zuschauer direkt und tief berührt. Er wird unmittelbar mit Fragen des sozialen Miteinanders, des Verhältnisses des Menschen zur und in der Natur konfrontiert. Die Zuschauer zeigten sich begeistert. Zum Schluss bezieht Lia Rodrigues Companie mit ihrem Appell an die brasilianische Übergangsregierung auch politisch Position.
Idee, Konzept, Choreografie: Lia Rodgrigues
Regie & Choreografieassistenz: Amalia Lima
Dramaturgie: Silvia Solter
Künstlerische Assistenz und Bild: Sammi Landweer
Licht Design: Nicholas Boudier
Lichttechnik: Magali Faubert
In Zusammenarbeit mit: Amalia Lima, Leonardo Nunes, Gabriele Nascimento, Francisco Thiago Cavalcanti, Clara Castro, Clara Cavalcante, Dora Selva Felipe Vian, Glaciel Farias, Luana Bezerra, Thiago de Souza sowie der Teilnahme von Francisca Pinto
Juni 2016