Als der bislang asexuelle Schwarz über Lulu herfällt, trifft den hinzukommenden Goll buchstäblich der Schlag. – Schwarz heiratet Lulu, nennt sie Eva und wird durch seine Bilder von ihr reich und berühmt. Als er von Schöning erfährt, dass Lulu nach wie vor dessen Geliebte ist, bringt er sich um. – Schöning heiratet nun selbst die zweifache Witwe und nennt sie Mignon. Auch ihn plagt bald die Eifersucht: Auf den Athleten Rodrigo Quast, auf die lesbische Gräfin Geschwitz, auf seinen eigenen Sohn Alwa. Schöning fordert Lulu zum Selbstmord auf. Tatsächlich löst sich aus seinem Revolver ein Schuss.
Eine „Monstre-Tragödie“ nannte Wedekind seine 1894 vollendete Urfassung der Lulu. An eine Aufführung des Werkes ist im wilhelminischen Deutschland nicht zu denken angesichts der unverklemmten, unverschämten Darstellung von sexueller Lust und Abhängigkeit, von lesbischer Liebe und Prostitution. Wie in einer lüsternen und blutigen Moritat lässt Wedekind die Herren der Gesellschaft dem „schönen wilden Tier“ Lulu verfallen, scheitert deren bürgerliche (Doppel-) Moral an Lulus unbedingter Lebensgier und ihrer Sehnsucht nach geistiger wie sexueller Freiheit.
Wedekinds Lulu hat immer wieder Musiker zu Vertonungen inspiriert, von Alban Berg bis Lou Reed. Bei der englischen Theaterband Tiger Lillies wird die „Monstre-Tragödie“ zur „Mörderballade“: Lulu – A Murder Ballad wurde von der im nordenglischen Leeds ansässigen Opera North in Auftrag gegeben und dort 2014 uraufgeführt. Die von Martyn Jacques komponierten Songs werden für unsere deutsche Erstaufführung von Otto Beatus arrangiert, der für diese Produktion als Musikalischer Leiter ans Theater Oberhausen zurückkehrt.
Regie führt der 1973 geborene Belgier Stef Lernous, mit dessen Theater „Abattoir fermé“ („geschlossener Schlachthof“) wir Lulu – Eine Mörderballade als Koproduktion realisieren. In seiner zwischen Brüssel und Antwerpen gelegenen Heimatstadt Mechelen entstehen seit gut fünfzehn Jahren äußerst ungewöhnliche und faszinierende Theaterabende, die in Belgien und den Niederlanden Kult sind: Stef Lernous kreiert in seinen Arbeiten mit zugleich raffinierten wie einfachen Theatermitteln an Horrorfilme erinnernde Atmosphären und verstörende Bilderwelten. Wedekinds Lulu auf seine Weise zu adaptieren ist ein seit langer Zeit gehegtes Lieblingsprojekt von Lernous – genauso wie ein Abend mit Musik der Tiger Lillies.
Regie und Konzeption Stef Lernous
Musikalische Leitung Otto Beatus
Bühne und Light Design Sven van Kuijk
Dramaturgie Rüdiger Bering
Mit Susanne Burkhard, Laura Angelina Palacios, Anja Schweitzer / Torsten Bauer, Moritz Peschke, Eike Weinreich, Michael Witte
Band Otto Beatus (Klavier), Peter Engelhardt (Gitarre, Banjo, Mandoline), Volker Kamp (Bass, Posaune), Jan Klare (Saxofon, Trompete), Stefan Lammert (Schlagzeug, Percussion), Oliver Siegel (Akkordeon, Keyboards)
Koproduktion mit Abattoir fermé (Mechelen)
SA, 16.01.2016 19:30 Uhr
MI, 20.01.2016 19:30 Uhr
FR, 22.01.2016 19:30 Uhr
FR, 05.02.2016 19:30 Uhr
SA, 13.02.2016 19:30 Uhr
SA, 12.03.2016 19:30 Uhr
MI, 13.04.2016 19:30 Uhr