Unter den neuen und bisher nicht aufgeführten Theatertexten wählte die fünfköpfige Jury, bestehend aus dem Theaterkritiker Stefan Keim, dem Literaturwissenschaftler Georg Schiller, Stephan Kaluza sowie den Dramaturgen Barbara Noth und Armin Breidenbach drei Stücke aus, die im kommenden Frühjahr im Rahmen von szenischen Lesungen im Schauspielhaus präsentiert werden.
Die Texte setzten sich unter den rund 50 Einsendungen von bekannten wie von (noch) unbekannten Autorinnen und Autoren aus NRW sowie aus dem ganzen deutschsprachigen Raum durch. Das Assoziationsfeld des »zerstörten Ortes« reichte in der Beschäftigung von realen Orten – auch in Düsseldorf – über die Frage nach dem, was aus ihnen entstanden ist, bis hin zu theatertheoretischen Versuchen.
Laura Naumann, 1989 in Leipzig geboren und in der Spielzeit 2009/2010 Stipendiatin des Autorenlabors am Düsseldorfer Schauspielhaus, hat die Jury mit Zwischen den Dingen sind wir sicher überzeugt. Ihre nuanciert gezeichneten Protagonisten sind einer post-apokalyptischen Landschaft und, schlimmer noch, sich selbst ausgesetzt.
Jan Grashof entwirft in seiner Satire Bunkergang das Zerrbild einer ebenso ökologisch korrekten wie inhumanen Gesellschaft.
Peter Zobel gelang mit Cupola ein multimediales Theaterstück über Ausgrenzung, Demenz und Familie und findet dafür ebenso skurrile wie poetische Bilder.
Bei der NACHT DER JUNGEN AUTOREN am Samstag, 20. Juni, findet ein Lesungsparcours im Foyer und rund um das Kleine Haus des Schauspielhauses statt. Mitglieder des Ensembles lesen die in Schreibworkshops an verschiedenen Instituten der Heinrich-Heine-Universität entstandenen dramatischen Kurztexte junger studentischer Autoren. Beginn ist 21:00 Uhr, anschließend Party.
AUS DEN BEGRÜNDUNGEN DER JURY
In ihrem Stück ZWISCHEN DEN DINGEN SIND WIR SICHER zeichnet Laura Nauman eine post-apokalyptische Landschaft, die vergiftet, verstrahlt, verseucht ist. Die Menschen verbarrikadieren sich hinter Schutzwällen aus Müll, denn die eigentliche Bedrohung – das sind die anderen Überlebenden. (ff) Ungewöhnlich und bewegend ist die Art und Weise, wie eine so junge Autorin das Zusammenleben einer dysfunktionalen Familie zeichnet, die verzweifelt versucht, Normalität zu finden, wo keine mehr ist. Das Miteinander und Gegeneinander der drei Protagonisten, die schließlich an einem Zustand permanenter Überforderung scheitern, mündet in Momente echter Tragik. Zugleich nimmt sich Laura Naumann Zeit für eine nuancierte Figurenzeichnung, die sich einer einfachen Sprache bedient, um damit Komplexität, Mitgefühl und Spannung zu erzeugen. Mit zum Teil bissiger Ironie skizziert Jan Grashof eine Gesellschaft in nicht allzu ferner Zukunft, die sich ihrer Senioren entledigen, sie quasi unter die Erde verbannen will; das Letztere wird hier allzu wörtlich genommen – in der Tat sollen die Alten ihr Leben in unterirdischen Bunkern absolvieren, um neuen Platz für eine naturnahe und umweltgerechte Planetenoberfläche zu schaffen. Mit den Mitteln der Satire zielt BUNKERGANG auf ein überzogenes Umweltdenken ab, und nicht minder auf Selbstverliebtheiten der Protagonisten der Szene.
In seinem „multimedialen Theaterstück“ CUPOLA verhandelt Peter Zobel die Themen Außenseitertum, Demenz und Familie – und vor allem deren Verlust. Zentraler Spielort ist hier ein Campingplatz, auf dem sich drei aus der Welt Gefallene zusammenfinden. Mittendrin Gerrit, ein älterer Mann, der im nahegelegenen Märchenpark einen Job als Hase angenommen hat. Seine Erlebnisse nimmt er, da er der Demenz verloren zu gehen droht, mit einer Videokamera auf. Diese und andere Aufnahmen verwebt Zobel geschickt in die Story der Campingplatzbewohner, von denen einer, der Halbjapaner Takk, für Luna schließlich eine große Kuppel auf einen Wohnwagen baut – die titelgebende Cupola. Zobel entwickelt seine Figuren mit großer Liebe und erzählt in seinem Stück ihre so skurrilen wie anrührenden Geschichten mit leichter Hand.