Als deutsche Erstaufführung präsentierte das Tanzhaus NRW, aus Anlass der Ausstellung "Francis Bacon. Die Gewalt des Faktischen" (Kunstsammlung NRW), am 16.11.06 das von der niederländischen Choreographin Nanine Linning konzipierte Stück "Bacon". Nicht Bacons Biographie war dabei Inspirationsquelle, sondern seine Bilder, die Linning gekonnt szenisch umsetzte. Die Themenwahl liegt nahe, denn Bacon selbst lässt seine Figuren in einem bühnenartigen Raum agieren. Und so war auch die Bühne gestaltet wie die Räume in Bacons Bildern: im Hintergrund spärlich durch architektonische Elemente markiert, ansonsten leer, der Raum wie ein Käfig erscheinend.
Der Zuschauer wird gleich beim Einlass mit den kopfüber von der Decke baumelnden Körpern der Tänzer konfrontiert, die wie Kadaver oder Folteropfer wirken. Der Körper ist es auch der bei Bacon die Hauptrolle spielt, seine Verletzlichkeit, seine physische Deformiertheit. Es sind menschliche Körper, die sich schmerzhaft winden, miteinander ringen, sich umschlingen. Linning greift diese Themen auf, und zeigt die Aggressivität, die Gewalt, den Schmerz, die Angst, die Agonie und die Äußerung dieser Qualen im Schrei. Sie bietet einen Blick in die Abgründe und Unsicherheiten des menschlichen Seins. Begleitet wird dies durch elektronisch verfremdete Geräusche: Schweinegrunzen, Schluchzen, Schreie wilder Tiere, die die anspannende, verstörende Stimmung dieses Stückes noch unterstreichen. Der Mensch wird auf seinen Körper und seine animalischen Triebe reduziert. Beeindruckend und überzeugend gelingt es den fünf Tänzer/-innen, die deformierten Gestalten und Zwitterwesen Bacons darzustellen, sie scheinen geradezu seinen Bildern entsprungen zu sein. "Bacon" ist nicht nur eine gelungen Hommage an den Künstler, sondern auch eine Schilderung der alltäglichen Horrormeldungen in den Medien, die nachhaltig zu beeindrucken vermag.
Konzept, Choreografie: Nanine Linning; Tanz: Iratxe Ansa, Igor Bacovich, Nanine Linning, Sebastien Mari, Marijn Roelofsen; Musik: Jacob ter Veldhuis, Michael Gordon; Video, Licht: Jan Boiten; Kostüm: Petra Finke.