Das Stück erzählt von der Logik des Umsturzes, der Ausgrenzung und Ablösung vom Kollektiv als notwendiges Element der Individualisierung, vom Verhältnis revolutionärer Aktion, der Gruppe und dem Einzelnem.
Fatzer spielt in der letzten Phase des ersten Weltkriegs 1917/18. Der Soldat Johann Fatzer hat genug vom Krieg. Gemeinsam mit drei Kameraden desertiert er. Die vier stehen nun zwischen allen Lagern in einer Art Niemandsland und finden bei der Frau des einen ein Versteck. Sie leiden Hunger, versuchen an Fleisch zu kommen, doch Fatzer wird vom Fleischer niedergeschlagen und seine Kameraden verleugnen ihn. Fatzer erkennt, „wo früher ein Mensch war“, „ist jetzt die Masse“. Die Kameraden verlangen, dass er jetzt macht, was „zwei oder drei“ wollen. Sie fordern, dass er sich ändert: „Du sollst / Dich ändern, zumindest / Dadurch, daß du gar nicht / Mehr da bist.“ Fatzer ist nicht bereit, sich für eine Idee zu opfern. Er ist ein Individualist, ein Egoist, der an den blindwütigen Zufall glaubt: „Mir scheint, ich bin vorläufig / Aber was/ Läuft nach?“
Genau hundert Jahre später leben wir ebenfalls in einer Zeit, in der der Populismus sich überall Bahn bricht. Die Beschäftigung mit Brechts Lehrstück Die Maßnahme, das bekanntlich eine wichtige Lektüre der RAF in Stammheim war, hat den Schauspieler und Regisseur Thomas Schmauser zu Brechts Fatzer geführt. Ein sprachlich ungeheuer dichter Text, der sowohl die Züge eines Lehrstücks als auch die eines großen Gesellschaftsepos trägt.
Bühnenfassung von Heiner Müller
Regie und Bühne: Thomas Schmauser
Kostüme: Constanze Knapp
Musik: Ivica Vukelić
Dramaturgie: Anna Haas, Maria Nübling
Christian Czeremnych, Andreas Leupold, Rahel Ohm, Cuyen Biraben*, Georg Grohmann*, Lara Haucke*, Johannes Jannasch*, Sarah Siri Lee König*, David Krzysteczko*, Esther Schwartz*, Tommy Wiesner*, Ivica Vukelić,
*Studierende der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg
Eine Koproduktion mit der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg