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„Der Trafikant“ von Robert Seethaler nach seinem gleichnamigen Roman -

Premiere am Samstag, 25. September 2021 um 19.30 Uhr im Großen Haus mit Einführung um 19.10 Uhr im Foyer

Kindheit und Jugend des in Wien geborenen Schriftstellers Robert Seethaler waren nachhaltig von seiner angeborenen Sehbehinderung geprägt. Diese Beeinträchtigung habe ihm eine besondere innerliche Vorstellungskraft beschert, verriet der vielfach ausgezeichnete Autor. Oft schildert er in seinen Romanen kuriose Begegnungen unterschiedlicher Charaktere, stellt Außenseiter in den Mittelpunkt und macht sie mit seiner zurückgenommen-poetischen Erzählweise zu wahren Sympathieträgern.

Copyright: Sabine Haymann

So auch in seinem Erfolgsroman „Der Trafikant“ aus dem Jahr 2012, den er selbst für die Bühne adaptierte: Franz Huchel heißt Seethalers Roman- und Theaterstück-Protagonist. Franz ist ein vaterloser, aber behütet aufgewachsener Junge vom Lande, dessen Leben sich 1937 mit einem Schlag verändert. Von heute auf morgen schickt ihn die Mutter in die große Stadt Wien, wo er sich als Lehrling des Zeitungsund Rauchwarenhändlers (sprich: Trafikanten) Otto Trsnjek verdingen soll. Fremd sind Franz die pulsierende Großstadt, die vielen Menschen und die angespannte politische Lage im zunehmend unter Einfluss rechts-nationaler Kräfte geratenden Land.

Doch es gibt auch Lichtblicke: Franz trifft Sigmund Freud, der nicht nur ein leidenschaftlicher Zigarrenraucher, sondern als Begründer der Psychoanalyse auch weit über die Grenzen Österreichs bekannt ist. Aus der Zufallsbegegnung entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft, die Franz‘ Leben nachhaltig prägt. So ist es Freud, auf dessen Rat hin Franz im Prater ein hübsches Mädchen anspricht, in das er sich Hals über Kopf verliebt. Anezka heißt seine böhmische Angebetete, die auch als Varietétänzerin arbeitet und ihm wiederholt entschwindet, so schnell, wie sie gekommen ist.

Neben dem Wechselbad der Gefühle, in das Anezka ihn stürzt, seinen Unterredungen mit Freud und der Korrespondenz mit seiner Mutter ist es vor allem die sich zuspitzende politische Lage, die Franz in Atem hält. Da in der Trafik auch jüdische und freidenkende Kunden bedient werden, sieht sich Trsnjek – und mit ihm Franz – massiven Anfeindungen ausgesetzt, die nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in einer Verhaftung Otto Trsnjeks durch die Gestapo gipfeln. Als unerwünschter Jude muss nun auch Sigmund Freud Wien verlassen. Zurück bleibt der seiner Bezugspersonen beraubte Franz, der die Trafik selbstständig weiterführt und schließlich sogar in einer wagemutigen Nacht- und Nebel-Aktion gegen das NS-Regime aufbegehrt.

Am 7. November 2020 ging „Der Trafikant“ am Theater Pforzheim nach dem zweiten Lockdown nur noch als ‚Premiere ohne Publikum‘ vor fünf Pressevertreterinnen und -vertretern über die Bühne. Im September 2021 ist das Stück nun die erste Schauspielproduktion, die im Großen Haus wieder vor Publikum gezeigt werden darf. Eine Rückbesinnung und ein Neuanfang gleichzeitig.
Es gelten die jeweils aktuellen Corona-Regelungen.

„Der Trafikant“
Schauspiel von Robert Seethaler nach seinem gleichnamigen Roman

Mit Nicolas Martin, Michaela Fent, Lars Fabian, Jens Peter, Johanna Miller, Bernhard Meindl, David Meyer und Myriam Rossbach

Inszenierung Sascha Mey
Bühne Jörg Brombacher
Video David Brombacher
Kostüme Milena Keller

Weitere Vorstellungen am 29. September, 1., 6., 7. und 16. Oktober sowie an vielen weiteren Terminen im Laufe der Spielzeit, jeweils mit Einführung 20 Min. vor Beginn im Foyer

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