Die letzten Jahrgänge sitzen mit leeren Augen vor ihrer Lehrerin. Schüler sind für Inge Lohmark sind sie ein Irrtum der Evolution. Gefühlsduseleien sind ihr fremd – „Survival of the fittest“ ist das Einzige, was zählt. Der Optimismus der jungen Kollegen zaubert ihr höchstens noch ein müdes Lächeln ins Gesicht.
Zu DDR-Zeiten war ihr Mann verantwortlich für die Besamung von Kühen, heute hat er eine Straußenfarm und verbringt seine gesamte Zeit mit den riesigen Vögeln. Die gemeinsame Tochter Claudia ist vor Jahren in die USA ausgewandert, der Kontakt nur noch sporadisch. Es scheint nichts und niemanden mehr zu geben, der Inge Lohmarks starres Weltbild ins Wanken bringen kann.
Bis sie eines Tages auf die Neuntklässlerin Erika trifft: Erika. Das Heidekraut. Gepflegte Traurigkeit in geneigter Haltung. Sommersprossen auf milchiger Haut. Verrutschtes Auge. Fester, schiefer Blick. Müde und gleichzeitig wach. Unter gar keinen Umständen sollte das Mädchen anders behandelt werden als die anderen hoffnungslosen Gestalten ohne Verstand und Zukunft. Trotzdem geht es nicht anders. Sie mag Erika! Vielleicht sogar ein wenig zu sehr…
Judith Schalanskys „Der Hals der Giraffe“ trägt den ironischen Untertitel „Bildungsroman“. Es ist der innere Monolog einer schrulligen, engstirnigen, aber trotzdem anrührenden Frau. Ein antidarwinistisches, humorvolles und gleichzeitig tragisches Manifest.
Inszenierung: Johan Heß
Mit: Ursula Berlinghof
Die nächsten Termine:
Freitag, 26.2.2016 20:00 Uhr
Samstag, 12.3.2016 20:00 Uhr