Harold Pinter, der Dramatiker, erhielt den Literatur-Nobelpreis 2005. Vorbei die Zeiten, als die Muse der Bühnendichtung bei der Vergabe von Literatur-Nobelpreisen als Mauerblümchen behandelt wurde. Vor erst acht Jahren erhielt der italienische Theatermann Dario Fo die Auszeichnung, die Preisträgerin von 2004, Elfriede Jelinek, ist zwar vor allem mit ihrer Prosa, aber auch stark mit ihrem Bühnenwerk präsent. Und danach wurde einer der bedeutendsten noch lebenden Dramatiker bedacht: Harold Pinter.
Der von Krankheit gezeichnete Dichter erhielt die Nachricht drei Tage nach seinem 75. Geburtstag. Er teilt das Schicksal vieler Literatur-Nobelpreisträger: dass sie die Ehrung erst dann bekommen, wenn der Höhepunkt ihres Schaffens hinter ihnen liegt. Sofort drängen sich, wie auch in seinem Fall, die Kritiker öffentlich vor und bemängeln, der Preis werde einem Gestrigen zuteil; besonders im Theaterbereich, wo man so sehr darauf achtet, was im Moment gerade als aktuell und interessant zu bezeichnen sei.
Harold Pinter ist zweifellos einer der ganz Großen; zudem einer der meistgespielten Dramatiker in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts.
Er wuchs im Londoner Arbeiterviertel Hackney auf, wo er am 10. Oktober 1930 als Sohn eines jüdischen Schneiders geboren worden war. Schon mit 13 Jahren habe er angefangen zu schreiben, das Schreiben sei sein wichtigstes Lebenselement geblieben, sagt er selbst. Er studierte u.a. an der renommierten Royal Academy of Dramatic Art. Zehn Jahre lang zog er mit verschiedenen Ensembles durch die Lande. Ab 1950 veröffentlichte er erstmals Gedichte und arbeitete als Schauspieler und Sprecher für die BBC. Seit Mitte der 1950er Jahre schrieb er eine große Zahl von Dramen, 29 insgesamt, Drehbücher, politischen Essays und Erzählungen. Oft arbeitete er eigene Stücke zu Filmscripts um.
Seine Werke haben mit ihrer lakonischen Sprache und ihrer grandiosen atmosphärischen Dichte eine so unverwechselbare Prägung, dass sich in England das Wort „pinteresk“ für bestimmte Konstellationen im allgemeinen Sprachgebrauch festsetzte, nämlich für das Hereinbrechen undurchschaubarer Bedrohungen und Abgründigkeiten in die scheinbar sicheren und banalen Innenräume des Lebens.
Eine seiner letzten Arbeiten war „Krieg“ (2003), bestehend aus acht Gedichten und einer Rede. Pinter ist seit jeher ein politisch denkender, gesellschaftskritischer Geist. Seit den 1980er Jahren hat er sich immer wieder künstlerisch und politisch gegen Krieg und Unterdrückung, Folter und Todesstrafe gewandt. Er setzt sich aktiv für politisch verfolgte Autoren ein. In Israel, dem Iran und der Türkei demonstrierte er vor den Botschaften und protestierte brieflich bei den Staatspräsidenten gegen künstlerische Zensur und Verbote. Er prangerte die Politik von George Bush und Tony Blair an und protestierte leidenschaftlich gegen den Irak-Krieg.
Pinter wurde vielfach für sein Werk ausgezeichnet, u.a. mit der vom Land Hessen und dem PEN-Zentrum Deutschland gestifteten Hermann-Kesten-Medaille (2001). Er lebt und arbeitet in London mit seiner Frau, der Schriftstellerin Lady Antonia Fraser.
Einige wichtige Stücke:
„Das Zimmer“ (1957)
„Der Hausmeister“ (1960/61)
„Der Liebhaber“
„Die Heimkehr“ (1965)
„Die Geburtstagsfeier“ (1957)
„Das Treibhaus“ (1979/1981)
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Die Geburtstagsfeier; Der Hausmeister; Die Heimkehr; Betrogen.
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