Das Scheitern der Revolution ist absehbar. Statt der erhofften Freiheit hat sich Not und Gewalt breit gemacht. Georg Büchner lässt uns in seinem Drama "Dantons Tod" an diesem kritischen Punkt der französischen Revolution teilhaben. Danton, übergewichtig, ein Mensch voller Widersprüche, lebenshungrig, epikureisch, egozentrisch, dann wieder voller Lebensverdruss, an der Büchnerschen Krankheit Ennui leidend, ist bestürzt über den Revolutionsterror und reflektiert den Ablauf der Revolution. Er ist an einen Punkt angelangt, in dem er handlungsunfähig ist, den Dingen ihren Lauf lässt und schließlich zum Opfer seines von ihm selbst initiierten Terrorregimes wird. Sein Gegenpart Robespierre, hager, asketisch und genussfeindlich, hat sich mit seiner radikalen Fraktion über die gemäßigten Dantonisten durchgesetzt.
Büchner handelt in seinem Drama Weltgeschichte ab, er beschäftigt sich darin mit Eros und Thanatos, dem Öffentlichen und dem Privaten, fragt sowohl nach dem Glück des Einzelnen und dem Wohl der Gesellschaft, zeigt die innere Zerrissenheit und das Scheitern der Revolutionshelden. Eine Lösung bietet er jedoch nicht an.
Die grandiose Inszenierung von Peter Eschberg für das Düsseldorfer Schauspielhaus vertraut ganz der Wortgewalt des Büchnerschen Textes. Auch legt sie offen, dass Büchner ganz offenbar bei Shakespeare in die Schule gegangen ist und sich seiner dramaturgischen Tricks bedient. Besonders deutlich wird das bei den komischen Szenen mit dem dem Alkohol zugeneigtem Souffleur Simon, einem wunderbaren Michael Lucke, und seiner Frau, aber auch bei dem mit violettem Samt befrackten, intriganten und eitlen St. Just von Guntram Brattia.
Der Konflikt zwischen Danton und Robespierre wird ebenso in der genialen Bühnengestaltung von Hans Hoffer verdeutlicht. Ein monströser Tisch auf dem Robespierre in einem Lederfauteuil sitzend, gottgleich, alle überragend, Gericht hält, dient später als Plattform für Debatten in der Gefängniszelle und mutiert zum Schluss zur Guillotine. Darunter reichen Eisenschienen bis in den Zuschauerraum hinein und dienen der Anlieferung eines Bettes, das u.a. im großen Monolog der Prostituierten Marion im ersten Akt eine Rolle spielt. Hier allerdings rezitiert Katrin Röver als Marion ihre Lebensbeichte etwas zu unbeteiligt in einer ansonsten gut gespielten erotischen Szene. Das trübt aber nicht die überragende Vortrags- und Spielleistung des Ensembles, unter denen Rainer Galke als Danton und Götz Schulte als Robespierre als Hauptagierende hervorragen. Verdienter Applaus für eine zweieinhalbstündige, spannend inszenierte und sehenswerte Aufführung.
Inszenierung: Peter Eschberg
Bühne: Hans Hoffer
Kostüme: Zwinki Jeannée
Musik: Henning Beckmann
Darsteller: Miguel Abrantes Ostrowski, Robert Joseph Bartl, Guntram Brattia, Mateusz Dopieralski, Marie-Therese Futterknecht, Rainer Galke, Jochen Ganser, Petra Kalkutschke, Steffen Lehmann, Michael Lucke, Katrin Röver, Wolfram Rupperti, Janina Sachau, Götz Schulte, Valentin Stroh, Markus Wilharm
Premiere 28.11.2009