Unbrauchbar. Ich wollte meist zurück in die Vergangenheit. Zu Super8-Filmen und Edisonwalzen. Ich war immer zu spät. Mein erstes Handy hatte ich 2001, da war ich zum ersten Mal im Internet. Und das ist die beste Voraussetzung für dieses Vorhaben: die große Zeitenwende, die meine Generation erlebt, den Übergang vom Analogen zum Digitalen Zeitalter zu beschreiben. Um es mal groß zu formulieren: Das bestimmende Lebensthema ist nicht die Wiedervereinigung, ist nicht der Krieg gegen den Terror, es ist das Anadigi Ding.
Das durchzieht alle Lebensbereiche. Mehr, als ich vielleicht jetzt vermute. Das bleibt. Und ich habe die Vermutung, dass der Computer, das Gerät, mein Denken und Handeln mehr verändert als sonst etwas. Das Betriebssystem 1-0 attackiert mehr, als uns lieb ist. Es verändert viel, alles. Wert und Wertigkeit von Menschen und Dingen, Beziehungen, Ideologien, Religionen. Das Denken. Das Handeln. Fuck. Das Leben. Das Sein. DIE MASCHINE DOMINIERT DAS LEBEN.
Die Alten sagen: Digitale Demenz. Bamm! Alles – äh – wird unübersichtlicher, ADHS, man wird abgelenkt, alles scheiße, Halma spielen. Die Jungen, die damit aufgewachsen sind, für die ist das alternativlos, die grenzen sich ab und sagen: Wer die Technik nicht beherrscht, ist raus.
Es ist der Auftrag an die Zwischengeneration, an die Künstler, die Fantasten, die Fantasiebegabten, diesen Übergang zu beschreiben. Mit Witz, mit Spucke, mit Theater. Das findet so selten statt. Da fehlt mir was. Darum will ich das machen. Die Lücke füllen, die ich immer spür. Mit dem größtmöglichen Spagat, den ich mir denken kann. Ein analoges Museum. Ohne Nostalgie.
Ich begebe mich auf eine Zeitreise. In die Schnittstellen der Geschichte, in den Transit. Die erste Schreibmaschine. Die mechanische Uhr. www.bronzezeit.de
Ich ana du digi. Ich anadigi. Digiana. Was der Sache fehlt: Spiel. Bilder. Locker bleiben. Können vor lachen. Ich will die Generationen zusammensehn. Auf einer Bühne. Denn das Theater hat gerade noch gefehlt.
Warum drei Jahre? Weil alles so schnelllebig ist. Und weil ich nicht nach sechs Wochen schon das nächste total relevante Thema touchieren will. Es ist der Versuch, länger zu bleiben. Mal sehen… einer Sache auf den Grund gehen, ein Anachronismus. Aber es ist ja auch Theater. Aber dafür ist Theater ja da."
Rainald Grebe
Rainald Grebe hat »Das Anadigi Ding« als eine drei Jahre laufende theatrale Langzeitstudie angelegt. Am Anfang steht »Das Rainald Grebe Konzert« im Schauspielhaus. Ein Archiv, analog und digital, soll entstehen und eine Vielzahl an Formaten für die drei Jahre entwickelt werden. Grebe will auf die Cebit. Grebe will Stadtspaziergänge machen oder in Wohnungen spielen. Wie ist das Thema zu greifen? Auch darum wird die Suche des Berliner Künstlers gehen. Am Ende der kommenden Spielzeit sollen die ersten Ergebnisse der Recherche aber erst einmal in der großen Bühnenshow »Das Anadigi Ding« präsentiert werden.
Regie Rainald Grebe + Ausstattung Janna Skroblin + Musik Jens Karsten Stoll + Dramaturgie Johannes Kirsten
Darsteller Rainald Grebe + Jens Karsten Stoll + Klaus-Dieter Werner + Sarah Franke + Hagen Oechel + Oscar Olivo
25.05. So 19:30
30.05. Fr 19:30
04.06. Mi 19:30
15.06. So 19:30
18.06. Mi 19:30
24.06. Di 19:30