vom 3. bis 12. März 2017. --
Ganz im Sinne Bertolt Brechts wird der neue künstlerische Leiter Patrick Wengenroth dem Brechtfestival Augsburg (3.-12. März 2017) eine veränderte Ausrichtung geben. Das politische Denken und die ästhetische Praxis werden 2017 im Mittelpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung stehen – mit ihrer ungebrochenen Relevanz und Aktualität angesichts der gegenwärtigen Erosionsphänomene, Kulturkrisen und brennenden gesellschaftlichen Fragen, die Deutschland, Europa und die ganze Welt bewegen. Es gilt nun, die Gegenwart mit Brecht und Brechts Werk mit der Gegenwart zu konfrontieren. Lustvoll und experimentell will das Festival erkunden, inwieweit Kunst ein Motor sein kann, um den Menschen den Glauben an eine Veränderbarkeit der Welt durch Kreativität und Phantasie vor Augen und Ohren zu führen. „Ändere die Welt, sie braucht es.“, so heißt es in Brechts „Die Maßnahme“ – ja, genau. Denn Krise ist immer – innen wie außen. Das Brechtfestival 2017 wird als Novum auch verstärkt als Produzent eigener Theater-Produktionen und anderer Formate in Erscheinung treten.
Welche Relevanz hat Bertolt Brechts Werk angesichts der uns umtreibenden gesellschaftlichen Fragen? Welche unvermuteten Entsprechungen gibt es zwischen seinem politischen Denken, seiner Theaterästhetik und unserer immer komplexer werdenden Gegenwart? Das Brechtfestival 2017 konfrontiert den Dichter und sein Werk mit aktuellen Debatten. Das zeigen bereits einige Schwerpunkte aus dem Programm, zu dem sich namhafte Gäste wie die Schauspielerin Eva Mattes und die Autorin Laurie Penny ankündigen.
Gleich zu Beginn des Festivals wird ein Gastspiel aus Berlin mit einer außergewöhnlichen Brecht- Interpretation die Frage „Was ist ein guter Mensch?“ neu beleuchten. Die gefeierte Inszenierung „Der gute Mensch von Downtown“ des Theaters RambaZamba variiert mit lockerer Hand Bertolt Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“, lässt sich dabei von alten Quellen und neuen Katastrophen inspirieren und nutzt Verfremdungseffekte und Kommentare, um die Parabel ins Jetzt zu transportieren. In der Rolle eines Erzengels steht die Theaterschauspielerin und Tatort-Kommissarin Eva Mattes mit einem Ensemble von Menschen mit Down-Syndrom auf der Bühne. RambaZamba gehört zu den bekanntesten Inklusionstheater-Ensembles im deutschsprachigen Raum. „Wir machen Theater mit Menschen mit einer anderer geistigen Ordnung“, so die Gründerin und Regisseurin Gisela Höhne. Sie spricht absichtlich nicht von Menschen mit Behinderung und fordert von der Politik selbstbewusst den Status eines Staatstheaters für RambaZamba – ein Signal für die Bedeutung und immense Dynamik, die kreativ und politisch von dieser Theaterform ausgeht.
Ganz direkte Bezüge zu heutigen Gesellschaftsdiskursen stellt auch der Themenschwerpunkt Feminismus-Chauvinismus im Rahmen des Brechtfestivals her. Die Autorin und Journalistin Laurie Penny („Fleischmarkt“, „Unsagbare Dinge“), die als eine der wichtigsten Stimme des jungen Feminismus in Großbritannien und Deutschland gilt, wird Auszüge ihrer Texte vor stellen und im Anschluss mit Meredith Haaf über brennende Frauen-, Männer- und Genderfragen vor dem Hintergrund von Brechts Denken und Werk diskutieren. Meredith Haaf arbeitet als Journalistin unter anderem für Neon, Missy Mag und das Süddeutsche Zeitung Magazin und ist Co-Autorin von „Wir Alphamädchen: warum Feminismus das Leben schöner macht“.
Im Provino Club wird das Thema Feminismus-Chauvinismus mit dem Gastspiel von GAP, einem „performativen Tryout“, von der theatralen Seite reflektiert. Das Hamburger-Frauen- Performance-Kollektiv Genderdungeon II unternimmt zusammen mit der Regisseurin Ute Rauwald den Versuch, Kafkas Erzählung „Heimkehr“ neu und „feministisch“ zu interpretieren: ein krimineller Abend um ein „Nichts“ – den sehr persönlichen (Gender-)GAP.
Weitere Informationen über das Programm auf der Website des Festivals und auf den Social Media Kanälen: www.brechtfestival.de, facebook: @brechtfestival, Twitter: @BrechtfestivalA.