Das ist heikel, denn der Beschluss der Götter lautete, dass die Welt nur weiter bestehen darf, wenn sich genug gute Menschen finden lassen. Für Shen Te, von den Göttern auserwählt und reich entlohnt, beginnt ein Hürdenlauf: Der Armut entkommen, gilt es, der gute Mensch zu bleiben, der sie ist, in einer kapitalistischen Welt, in der die Gemeinschaft um sie herum ihre Hilfsbereitschaft gnadenlos ausnutzt. Wofür lohnt es sich zu kämpfen in einer Welt, in der ‚Gutmensch‘ ein Schimpfwort ist? Was ist verwerflich und naiv an der Idee, „gut zu sein und doch zu leben“?
Wie kann man gut sein in dieser Zeit? Wer ist gut und wer nicht? Was bedeutet es denn überhaupt, dieses kleine Wörtchen gut? Alize Zandwijk, seit Beginn dieser Spielzeit leitende Schauspiel-Regisseurin am Theater Bremen, geht in ihrer mittlerweile fünften Bremer Arbeit diesen Fragen nach.
Als Shen Te, die als „guter Mensch“ den Göttern eine Unterkunft anbietet und die sich in ihrer Not in den skrupellosen Kapitalisten Shui Ta verwandelt, sind mit Fania Sorel und der aktuellen Kurt-Hübner-Preisträgerin Nadine Geyersbach gleich zwei Schauspielerinnen zu erleben. Wie in Zandwijks bisherigen Bremen Arbeiten ist auch „Der gute Mensch von Sezuan“ ein großes Ensemblestück, in dem neben den Genannten auch Martin Baum, Peter Fasching, Guido Gallmann, Gabriele Möller-Lukasz, Verena Reichhardt, Susanne Schrader, der zweite aktuelle Kurt-Hübner-Preisträger Alexander Swoboda, Simon Zigah sowie Musiker Beppe Costa mitwirken.
Brecht schrieb seine Parabel, die als Musterbeispiel für sein episches Lehrtheater gilt, in verschiedenen Phasen zwischen 1930 und 1942. Uraufgeführt wurde es 1943 in Zürich.
Die belgische Schauspielerin Fania Sorel, die bereits in „Eine Familie“ eine der Hauptrollen spielte und die mit Alize Zandwijk vom Ro Theater nach Bremen gewechselt ist, sagt über ihre Regisseurin: „Bei den meisten Regisseuren ist das Theater einfach nur da, man sieht etwas. Bei Alize fühlt man etwas – sie gibt dem Publikum die Empathie, um mitzufühlen. Das macht es so besonders, mit ihr zu arbeiten, und das liebe ich an ihr.“ Und über die aktuelle Arbeit: „Ich hoffe, dass jeder Mensch beim Verlassen des Theaters darüber nachdenkt, wie er selbst die Fragen beantwortet, die das Stück stellt. Und wie er sich selbst dazu verhält.
Alize Zandwijk wurde 1961 in den Niederlanden geboren. Mit 18 Jahren begann sie ihr Regiestudium an der Theaterakademie in Kampen, wirkte zunächst in kleinen Theatergruppen in der Off-Szene mit und errang in den späten 1980ern überregionale Aufmerksamkeit mit einer Reihe von Jugendtheater-Inszenierungen. 1998 bildete sie mit Guy Cassiers die künstlerische Leitung des Rotterdamer Ro Theater, für deren gemeinsame Arbeit sie 2002 den Albert-van-Dalsum-Award erhielten. Zandwijks Inszenierungen am Ro Theater gastierten unter anderem bei den Wiener Festwochen, dem Edinburgh Festival, den Theaterformen in Hannover, dem Holland Festival TF-1 sowie den Autorentheatertagen Hamburg. Im Mai 2006 wurde sie Künstlerische Direktorin des Ro Theater. Seit 2003 inszeniert sie regelmäßig in Deutschland, unter anderem am Thalia Theater und am Deutschen Theater Berlin. Am Theater Bremen gab sie in der Spielzeit 2012/13 ihr Debüt mit Dea Lohers „Das Leben auf der Praça Roosevelt“, es folgten Anton Tschechows „Der Kirschgarten“ und Arne Sierens „Mädchen und Jungen“. Seit dieser Spielzeit bekleidet sie zudem den Posten der Leitenden Regisseurin.
Regie: Alize Zandwijk
Bühne: Thomas Rupert
Kostüme: Sabine Snijders
Musik: Beppe Costa
Dramaturgie: Marianne Seidler
Mit:
Martin Baum, Beppe Costa, Peter Fasching, Guido Gallmann, Nadine Geyersbach, Gabriele Möller-Lukasz, Verena Reichhardt, Susanne Schrader, Fania Sorel, Alexander Swoboda, Simon Zigah