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BEEINDRUCKENDE CHÖRE - Georg Friedrich Händels "Samson" mit der Gaechinger Cantorey im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURGBEEINDRUCKENDE CHÖRE - Georg Friedrich Händels "Samson" mit der Gaechinger...BEEINDRUCKENDE CHÖRE -...

BEEINDRUCKENDE CHÖRE - Georg Friedrich Händels "Samson" mit der Gaechinger Cantorey im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG

am 21.10.2023

Die beeindruckenden Chöre der Israeliten und Philister haben dazu beigetragen, dass "Samson" von manchen Zeitgenossen Händels höher geschätzt wurde als dessen "Messias". Hans-Christoph Rademann liefert aufgrund seiner überaus schwungvollen Interpretation mit der Gaechinger Cantorey jedenfalls den Beweis für die besondere Attraktivität dieses Oratoriums, das im Jahre 1743 in London uraufgeführt wurde.

Copyright: Tatjana Dachsel, Martin Förster

Samson ist hier von Dalila seiner Stärke und seines Augenlichts beraubt, ein gefesselter Blinder in den Händen der Feinde Israels. Jubelnd feiern die Philister das Fest des Gottes Dagon, während Samson in der Darstellung des strahlkräftigen Tenors Joshua Ellicott in der Arie "Nacht ist's umher" in erschütternder Weise sein Los beklagt. Rademann sorgt hier als Dirigent für eine kluge dramatische Zuspitzung. Der Trauerchor beschwört dann ein überwältigendes Lichtwunder. Manoa, Samsons alter Vater, wird von Markus Eiche (Bass) mit voluminöser stimmlicher Klarheit dargestellt. Er ist schmerzlich bewegt vom Anblick des wehrlosen Sohnes. Samson erinnert sich in ergreifender Weise seines Heldentums in der Arie "Warum liegt Judas Gott im  Schlaf". Bewegend ist bei dieser Interpretation auch der Chor der Israeliten "Dann wird zum goldnen Sternenzelt".

Den zweiten Teil eröffnet Micah, Samsons Freund, den Alex Potter (Altus) mit feingliedrigen Figurationen interpretiert. Die innig gestaltete Arie "O hör mein Flehn" gelingt mit ausdrucksvoller dynamischer Differenzierung. Als Samsons verräterische Gattin Dalila überzeugt die voluminöse Sopranistin Robin Johannsen, die ihn verführerisch umgarnt: "Vertrau, o Samson". Der Chor der Frauen unterstreicht diese Intention eindrucksvoll. Zornig verlässt Dalila den Gatten.

Bei Hans-Christoph Rademann setzt der dritte Teil kaum weniger  gewaltig ein. Vor allem  der Chor der Israeliten brilliert mit "Im Donnersturm", wo harmonische Blöcke aufeinandertreffen. Samson fühlt sich von neuer Kraft erfüllt, was die Musik hier in fesselnder Weise beschreibt. Zerfallen sollen die Götzen, sagt er in seiner Arie "So wenn die Sonn'". Die Israeliten  bekräftigen dieses Wunder beim feierlich gesungenen Chor "An Ruhm und Ehre reich". Rademann lotet dabei mit der mit Herzblut und Feuer musizierenden Gaechinger Cantorey die abgründigen Tiefen dieses ungewöhnlichen Oratoriums aus. Als Dalila ihren Gott Dagon weiter verherrlicht, bricht die Katastrophe ganz unmittelbar herein: Samson reisst die Säulen des Dagon-Tempels um, die Trümmer begraben ihn und die vergeblich um Hilfe rufenden Philister. Micahs Totenklage ist hier in der Darstellung von Alex Potter besonders eindringlich. Ein Trauermarsch unterstreicht nochmals dieses tragische Geschehen.

So ist eine Wiedergabe  wie aus einem Guss gelungen, wobei es Rademann vorzüglich geglückt ist, die thematischen Verbindungen und Motive bis hin zu chromatischen Finessen ganz zusammenzufügen. In weiteren Rollen überzeugen Andreas Wolf (Bass, Harapha), Yeree Suh (Sopran, Philisterin, Israelitin) und Matthew Swensen (Tenor, Philister, Israelit, Bote). Manchmal gibt es fast opernhafte Assoziationen.

Begeisterter Schlussapplaus.
 

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